Andere Architektur in Österreich

Als Andres Lepik 2010 im New Yorker MoMA die Ausstellung „Small Scale – Big Change“ kuratierte, beschrieb er einen überfälligen Wertewandel in der Architektur. Kein Manifest, aber ein Prozess, ein fortwährendes Verhandeln von sozialen, ökologischen und funktionell nachhaltigen Parametern in der Baukultur, das sich im Lärm der Gegenwart behaupten muss. Dazu einige Positionen in Österreich. Alle Projekte detailliert unter der Architekturplattform nextroom.at.
Text Robert Fabach, Illustration Eva Pils
Vorarlberg
1 Bürogebäude 2226, Lustenau: Baumschlager & Eberle. Das 2226 Gebäude kommt ohne Heizung, Lüftung und Kühlung aus. Möglich machen das ein massiver Ziegelbau und intelligent gesteuerte Fensterflügel.
2 Altstadt Hohenems, Hohenems: Schadenbauer Projekt- und Quartierentwicklung. Eine totgesagte Altstadt unter Denkmalschutz wird zum Paradebeispiel für nachhaltige Stadtentwicklung.
3 Wohnen 500, Mäder: Johannes Kaufmann & Kaufmann Bausysteme. Ein Holzmodulbau in Vorfertigung zum neuen und nachhaltigen Standard im Sozialwohnungsbau.
4 Werkraumhaus, Andelsbuch: Peter Zumthor. Der Werkraum, ein Zusammenschluss von regionalen Handwerksbetrieben, hat mit dem Architekten Peter Zumthor ein Haus geschaffen, das Handwerk und internationale Architektur einzigartig verbindet.
Tirol
5 Urbaner Hybrid P2, Innsbruck: LAAC – Architekten. Ein Wohnturm schafft mit begehbarem Dach und zwei Geschossen für die neue Stadtbibliothek einen multifunktionalen öffentlichen Ort nach skandinavischem Vorbild.
6 Neue Regensburger Hütte, Neustift im Stubaital: Rainer Köberl. Eine Erweiterung auf über 2.000 Meter Höhe als freistehender Holzmodulbau.
7 Perspektivenweg, Innsbruck-Nordkette:
Snøhetta Studio. Innsbruck, Wege und Ruheorte werden überlagert mit philosophischen Zitaten in eine touristisch übernutzte Landschaft eingeschrieben: „Denk nicht, sondern schau!“
8 MPREIS und Wohnen, Volders: LAAC – Architekten. Die regionale Supermarktkette nutzt hier ein Dach als Bauplatz für hochwertiges Wohnen.
9 Dorfhaus, Steinberg am Rofan: Bernardo Bader. In einer kleinen dörflichen Siedlung entsteht ein Gemeindezentrum, das zwischen lokalem und touristischem Nutzen ein ausgewogenes Verhältnis findet.
SALZBURG
10 Plusenergie-Bürogebäude und Kulturkraftwerk oh456, Thalgau: sps-Architekten.
Neben einem aufgelassenem Sägewerk an der Fuscheler Ache wurden ein Plus-Energiehaus in Holzbauweise mit einem Kern aus Stampfbeton und ein Kleinwasserkraftwerk umgesetzt.
11 Wellness Hotel Moar Gut, Großarl:
LP architektur. Eine bestehende Hotelanlage wurde mit markanter Architektur erweitert und fügt sich mit zwei polygonalen Suitentürmen selbstbewusst in den Naturraum.
12 Neue-Mozarteum-Foyers, Salzburg:
maria flöckner und hermann schnöll. Ein vielfältiger Dialog zwischen den architekturhistorischen Epochen der Stadt Salzburg: funktionelle Korrektur, zeitgenössische Gestaltung und effiziente, aber unsichtbare Technik.
13 Haus 47°40´48´´N / 13°8´12´´E und Haus T, Adnet / Hallwang: maria flöckner und hermann schnöll. Die modernen Villenbauten sind bedachte Reaktionen auf eine bemerkenswerte Landschaft, die diese mit einer hohen baukünstlerischen Spannung versieht.
Oberösterreich
14 Pavillon im Botanischen Garten, Linz:
BASEhabitat. Der Pavillon aus Holz und anderen natürlichen Materialien wurde als temporäres Gebäude mitten in die Gartenlandschaft auf der Linzer Gugl gebaut.
15 JKU Campus – Open Innovation Center, Linz: RIEPL RIEPL ARCHITEKTEN. Ein vitaler Campus, ein lichtdurchfluteter offener Marktplatz der Ideen und eine spannungsvolle Mischung von Natur und Architektur.
16 Agrarbildungszentrum Salzkammergut, Altmünster: Fink Thurnher Architekten.
Durch die Zusammenlegung zweier landwirtschaftlicher Schulen entstand ein Gebäude, in welchem Bestand und Neubau zu einem neuen Ganzen zusammengefügt werden, sodass die historische Substanz erkennbar bleibt.
Steiermark
17 C&P Corporate Office, Graz: INNOCAD.
Als Inbegriff einer „Build Identity“ ist die Gebäudeform sowohl im Grundriss als auch im Aufriss aus dem Corporate Design abgeleitet.
18 Glashäuser des Botanischen Instituts, Graz: Volker Giencke. Die Anlage besteht aus drei parabolisch gebogenen Glasdächern, diagonal zueinander versetzt angeordnet, sowie einem prismatischen Glasbaukörper.
19 LIQUID SKY, Graz-Mariatrost: Pentaplan ZT GmbH, Wolfgang Köck. Hochverdichtete Atriumreihenhäuser, Rücken an Rücken zueinander, mit einer durchgehenden Halle für zusätzliche Nutzungen.
20 Modulsystem für Jugendcamps, Passail: HolzBox. Die Box kann, mitsamt Möbeln, vorgefertigt auf die Baustelle geliefert werden. Nach Größe und Gestalt der Anlage werden die Boxen addiert bzw. gestapelt.
Burgenland
21 Neue Mitte, Pöttelsdorf: ViA ZT. Ein funktionales Puzzlestück inspiriert von den umliegenden Streckhöfen mit ihren endlosen Steildächern, welches Hauptstraße und Hauptplatz verbindet und diese belebt.
22 MAM Competence Center, Großhöflein:
INNOCAD. Ein organisches, wachsendes Gebäude nach Vorbild der Zellteilung, in dem Bauphasen ineinander übergreifen und jeder Teil in sich funktioniert, aber vom jeweils anderen profitiert.
23 Maria Biljan Bilger Ausstellungshalle und Privathaus, Sommerein: Friedrich Kurrent. Die zeitlose Halle folgt dem Verlauf eines ehemaligen Steinbruchrands und schließt an das bestehende Wohnhaus direkt an, dessen Kern die einstige Nutzung als Kapelle noch anzumerken ist.
Niederösterreich
24 Wohnprojekt Hasendorf, Reidling: einszueins architektur, Sitzenberg. Ein gemeinschaftliches Wohnprojekt, das von seiner Integration in die Landschaft lebt und als „ökologisches Leuchtturmprojekt“ mit Passivhaus-Qualität auf dem Land ein Zeichen setzt.
25 Kulturpavillon, Semmering Kurort:
Mostlikely Architecture. Mobiler Konzertsaal, der in jeweils zwei Wochen ab- und aufgebaut werden kann, gebaut mit regionalen Firmen, aus heimischem Holz mit naturbelassenen Oberflächen.
26 Sonnentor Hochregal-Lagerhalle, Sprögnitz: BM-Werner. Aus nachhaltigen sowie logistischen Gründen werden Rohstoffe und fertige Produkte auf einer Fläche von 3.000 Quadratmetern und in einer Höhe von bis zu 19 Metern gelagert.
27 Loisium Hotel, Langenlois: Irene Ott-Reinisch, Franz Sam, Steven Holl.
Das Projektteam hat das Hotel in vier Bau-etappen umgesetzt und eine ganze Typologie von Weingut-Architektur angestoßen.
Kärnten
28 Aussichtsturm am Pyramidenkogel, Keutschach: Klaura Partner. Der 100 Meter hohe Holzaussichtsturm ist ein Anschauungsobjekt für die Frage um gestalterische Qualität im Holzbau, abseits von technischen Rekorden.
29 Napoleonstadel (Haus der Architektur), Klagenfurt: Erbaut 1847 als Magazingebäude, Umbau von Marta und Wolfgang Gärtner. Die Etappen des Bauens (1992 und 2022) im dreigeschossigen Bestand sind klar ablesbar.
30 Geh- und Radwegbrücke Puch, Puch bei Villach: Horn & Partner. Stahltragwerk mit 105 Meter Stützweite, beidseitig starr eingespannt. Räumlich gekrümmtes Tragseil an 40 Meter hohen Stahlpylon.
31 Steinhaus, Steindorf am Ossiacher See: Günther Domenig. Ein „Versuch, vielleicht wieder einen Weg zu einer Heimatarchitektur zu finden, die nicht unsere Spuren verwischt“.
32 Ortskerngestaltung, Maria Saal: nonconform. In einem partizipativen Verfahren wurde die historische Komplexität des Ortes in einer Abfolge von „Kulturschichten“ wie bei Jahresringen aufgenommen.
WIEN
33 VinziDorf, Wien, Hetzendorf: gaupenraub. Ein Wohndorf für Langzeitobdachlose wurde mit einfachsten Mitteln und gespendeten Baumaterialien errichtet.
34 IKEA, Wien, Rudolfsheim-Fünfhaus: querkraft architekten. Ein 4,3 Meter tiefes, frei bespielbares Stahlgerüst, samt Begrünung, Raumerweiterungen, Fluchttreppen und Haustechnik. 160 Bäume in der Fassade und auf der Dachterrasse!
35 Nordbahnviertel, Wien, Leopoldstadt:
Am Gelände des ehemaligen Nordbahnhofs entsteht in einer Vielzahl von Wettbewerben ein vorbildhaftes Quartier mit hoher Lebensqualität für 20.000 Menschen.
36 Holzhochhaus HoHo, Wien, Donaustadt: Rüdiger Lainer + Partner Architekten.
Erstes, bislang höchstes (84 Meter) Hochhaus aus Holz. Bahnbrechend als Pilotprojekt für neue Regeln hinsichtlich Baurecht und Bauverfahren, Planungs- und Bauabläufen.
37 Wohnprojekt Gleis 21, Wien, Favoriten:
einszueins architektur. Vom Städtebau bis zur Steckdose gemeinsam mit den zukünftigen Nutzerinnen und Nutzern entwickelt und geplant. Das Gebäude wurde als kompaktes Niedrigenergiehaus in Holz-Hybrid-Bauweise ausgeführt.