Auf die Nuss gekommen

Patrick Domig und Mathias Becvar starteten mit LändleNuss ein erfolgreiches Zweifamilienprojekt für Walnüsse aus der Region. Von Monika Bischof

„Ich kann mich erinnern, dass mein Opa in meiner Kindheit vor unserem Mehrgenerationenhaus in Langenegg einen Walnussbaum gesetzt hat“, sagt Patrick Domig. Es folgte eine lange Phase der Geduld, bis aus dem kleinen Setzling ein Baum wurde, der schließlich auch Nüsse lieferte. „13 Jahre dauerte das.“ Patrick Domig ist auf einem Bio-Bauernhof aufgewachsen und heute Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Erneuerbare Energie Vorarlberg (AEEV). Als er ein Kind war, gab es in Vorarlberg noch viel mehr Walnussbäume als heute, nicht selten waren sie wie auch Kastanienbäume ein wohltuender, schattenspendender Mittelpunkt auf den Dorfplätzen.

Patrick Domig und Mathias Becvar. Foto Monika Bischof

„Vor rund 80 Jahren gab es laut Erhebung der Statistik Austria rund 8.000 Stück Walnussbäume auf den landwirtschaftlich genutzten Flächen, vorwiegend Streuobstwiesen, in Vorarlberg. Heute existieren leider nur noch rund 1.500“, erläutert Patrick Domig. Nahezu alle Walnüsse und Haselnüsse müssen für den Bedarf in Vorarlberg, aber auch in Österreich, mittlerweile importiert werden, wobei nur elf Prozent der Weltproduktion aus dem EU-Raum kommen. Die Hauptanbaugebiete sind vor allem China, Iran, die Türkei, die USA, Mexiko und Chile. „Der CO2-Abdruck dieser importierten Nüsse ist vor allem wegen der langen Transportwege wesentlich höher als bei den in der Region nachhaltig produzierten Nüssen.“

Ein erfolgreiches Zweifamilienprojekt

Im Gegensatz zum Energieexperten Domig ist der Harder Umweltbeauftragte Mathias Becvar landwirtschaftlicher Fachwirt und in der Obst- und Gartenkultur engagiert. Die beiden Männer und ihre Familien sind nahezu Nachbarn und schon länger miteinander befreundet. „Gemeinsam haben wir Ideen gewälzt, wie wir zwei landwirtschaftliche Eigenflächen, die in Langenegg und Hard liegen, am besten bewirtschaften können. Wir haben uns überlegt, eventuell Haselnüsse oder Maroni anzubauen. Und dann haben wir geschaut, welche Nüsse in Vorarlberg am wenigsten vorkommen“, erinnert sich Mathias Becvar. So entstand schließlich die Idee zur Gründung des kleinen Landwirtschaftsbetriebs LändleNuss als Zweifamilienprojekt, bei dem alle Familienmitglieder eingebunden wurden. „In einem ersten Schritt haben wir im März 2019 die ersten fünfzig Walnussbäume ausgepflanzt, aufgeteilt auf die Standorte in Langenegg beim Hohen Knobel und in Hard an der Rotach“, sagt Patrick Domig.

Die Entscheidung für das Pflanzen von Walnussbäumen erfolgte aus folgenden Gründen: „Walnussbäume sind ideale Hausbäume. Sie tragen wertvolle Nüsse, die sehr gesund sind, denn sie enthalten lebenswichtige Nährstoffe und einen hohen Energiegehalt für den Menschen“, sagt Domig. „Die Bäume spenden Schatten im Sommer, produzieren langfristig hochwertiges Holz und wecken in uns Kindheitserinnerungen an den Nussbaum im Garten, wovon die ,Klosanüss im Säckle‘ dann stammten. Heute beobachten wir, wie gerne unsere Kinder Baumnüsse sammeln, unter sich aufteilen, horten und später essen – das Grundbedürfnis zu sammeln, ist tief in uns verankert.“ Patrick Domig betätigt sich neben dem Geschäft mit der Nuss aktiv in der „Ackerakademie“, der Schule am See in Hard, wo er unter anderem mit Jugendlichen den Beerengarten betreut: „Viele Jugendliche haben überhaupt keinen Bezug mehr dazu, wie Pflanzen heranwachsen und was sie hierfür benötigen. Sie sind aber für solche Projekte sehr leicht zu begeistern.“

Ein weiterer, wichtiger Aspekt ist für die beiden Walnuss-Produzenten die fortschreitende Klimakrise. „Die jüngsten Klimaszenarien für Vorarlberg zeigen, dass sich die Jahresdurchschnittstemperatur in den nächsten 20 Jahren um weitere 1,2 bis 1,4 Grad Celsius erhöhen wird“, zitiert Matthias Becvar die Voraussagen aus dem Klimabericht des Landes Vorarlberg. Damit verbunden ist eine teilweise deutliche Zunahme an Hitzetagen und eine Verlängerung der Vegetationsperiode. Als Anpassung und Vorsorge an die Auswirkungen des Klimawandels sind Nussbäume ideal und profitieren sogar von diesen Szenarien. Die bisherigen Verbreitungsgebiete sind überwiegend im klassischen Weinbauklima beheimatet. „Außerdem tragen Walnussbäume zu einer Naturvielfalt bei, erhöhen die Biodiversität unserer Kulturlandschaft und binden langfristig viel CO2. Nach bisherigen Erkenntnissen und Wissensstand
ist ein nachhaltiger Anbau von Nussbäumen nahezu ohne Pflanzenschutzmittel möglich.

Walnuss-Wiese. Foto Monika Bischof

Sinnstiftendes Tun

Seit Frühjahr 2020 wurden so 210 Walnussbäume gepflanzt, unter anderem in einem gemeinsamen Projekt mit der Pfarre Wolfurt. „Unser Ziel für die nächsten Jahre ist es, weitere Nussbäume auszupflanzen. Wir sind offen für Kooperationen, auch Zwischennutzungen von anderen landwirtschaftlichen Betrieben sind wünschenswert“, sagt Patrick Domig. Ein wichtiger Hinweis dazu: Die Leerflächen zwischen den einzelnen Bäumen eignen sich gut zum Anbau anderer Gemüse- oder Sonderkulturen. Rund 200 Walnussbäume können pro Hektar Land angebaut werden. Blühende Nussbaum Wiesen statt intensiver Grünlandmonokulturen haben nicht nur ökologische Vorteile, sie bieten auch Besuchern oder Passanten ein wohltuendes Gesamtbild.

Der Standort in Langenegg stellt aufgrund der Seehöhe eine Art Pilotprojekt zu Forschungszwecken dar. Der Anbau von verschiedenen Sorten wird erprobt, entsprechend dokumentiert und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. In Hard stehen bereits fünfjährige Walnussbäume. Über verschlungene Wege gelangt man dorthin, die Walnuss-Wiese liegt idyllisch an einem Bahngleis. Neben den Walnussbäumen wachsen alte Äpfel-, Birnen und Zwetschgenbaum Sorten. Ein Wildhase hoppelt über das Gelände, er ist ein ständiger Gast und beobachtet die beiden Unternehmer bei der Pflege ihrer Bäume. „Der Aufwand für die Baumaufzucht ist überschaubar. Ich bin jeden zweiten Tag hier, schaue die Bäume durch, mähe oder schneide etwas herunter“, berichtet Mathias Becvar. Zwei Faktoren sind allerdings unerlässlich: Zeit und Geduld. Wie schon der Opa von Patrick Domig wusste: „Walnussbäume brauchen mehr als 15 Jahre bis zum vollen Ertrag. Aber genau diese Langsamkeit schätzen wir beide in unserer schnelllebigen Zeit. Es ist viel einfacher, einen abgepackten Sack Nüsse in einem Supermarkt zu kaufen. Aber uns interessiert einfach das sinnstiftende Tun. Außerdem sind wir überzeugt, eine interessante Nische im heimischen Lebensmittelmarkt gefunden zu haben.“

Weitere Infos: laendlenuss.at

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