Buchbesprechung
Neues Reisefieber
Im Reiseführer „Querweltein“ findet man Tipps und Inspirationen für nachhaltigere
Urlaubserlebnisse – eine Empfehlung.
Von Jürgen Schmücking
In den Tagen, in denen das Buch die Redaktion erreicht, passieren unterschiedliche Dinge. In Österreich werden „Lockerungen“ verkündet, während in Deutschland die Läden wieder dicht gemacht werden. „Querweltein“ erscheint trotzdem für beide zum richtigen Zeitpunkt. Die einen, die Österreicherinnen und Österreicher, können es als Inspiration für Ausflüge und Reisen lesen, die anderen finden darin spannende Geschichten und außergewöhnliche Reiseerlebnisse, um (noch) das zu tun, was uns in der Pandemie eint: Reisen im Kopf.
Eines ist klar: Corona hat unsere Reise- und Entdeckungslust angefacht. Und zwar ordentlich. Abzulesen ist das unter anderem an dem Boom, den Dokumentationen und Reiseberichte gerade erleben. Und zwar egal ob Film, Magazin oder Buch. Es ist also damit zu rechnen, dass der Tourismus wieder an Fahrt aufnehmen wird, sobald Hotels, Kultur- und Freizeiteinrichtungen wieder aufsperren. Ob allerdings alles wird wie früher? Vieles wahrscheinlich schon, alles sicher nicht. Die Monate des Eingesperrtseins, die Erkenntnis, dass es mit dem Massentourismus so nicht weitergehen kann, die Besinnung auf Ruhe, Authentizität. Das Potential zum Umdenken ist da und es ist groß.
Pia Wieland und Tobias Ertel haben ein Buch herausgebracht, das zeigt, dass es auch anders geht. In 20 Reiseabenteuern unterschiedlicher Länge wird den Leserinnen und Lesern ein umweltschonendes Reisen ohne Flieger dafür mit Kanu, Segelboot und Fahrrad nähergebracht. Jedenfalls schaffen es die Autorinnen und Autoren, zu fesseln. Dabei spielen weder Entfernung noch Exotik eine Rolle. Das Buch ist in vier Bereiche eingeteilt, die sich nach der Dauer der Reisen richten: Tage, Wochen, Monate, Jahre. Die Reportagen sind gespickt mit Anekdoten von berührenden Begegnungen und erfrischenden Erleb- und Erkenntnissen. Beim Format scheinen die Mitwirkenden keine Vorgaben gehabt zu haben. Ein Tagebuchauszug, eine klassische Reportage, sogar eine Graphic Novel ist dabei. Dazu fantastische Fotografien, auflockernde Illustrationen und Landkarten.
Neben der Inspiration für künftige Reisen und der spannenden Lektüre der Reiseberichte ist das Buch auch voll mit praktischen, aber auch kuriosen Informationen. Zum Beispiel Tipps zum Trampen in Kasachstan oder Kolumbien. In Kasachstan sind im Landesinneren die Straßen so desolat, dass man oft zu Fuß schneller unterwegs ist, und in Kolumbien hat man die besten Chancen mitgenommen zu werden, wenn man direkt hinter einer Polizeikontrolle trampt (weil man dann als „sicher“ gilt beziehungsweise nicht mehr als Gefahr wahrgenommen wird).
Kritikerinnen und Kritikern, die sich am Begriff Nachhaltigkeit stoßen, nehmen die Herausgeber übrigens gleich im Klappentext den Wind aus den Segeln. „Dieses Buch ist ein Versuch, Möglichkeiten für ein nachhaltiges Reisen über Land und Wasser – ohne Flugzeug – aufzuzeigen. Im Wissen, dass hundertprozentig vorbildliches nachhaltiges Reisen nicht existiert und der Begriff nachhaltig immer eine persönliche Definitionsfrage bleiben wird.“ Ein entspannter Zugang. Eine Lektüre, die lohnt.
Pia Wieland & Tobias Ertel
Querweltein
240 Seiten
ISBN: 978-3-95728-436-5
Knesebeck Verlag