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Klassik unklassisch
Das Streichquartett Classic Rocks schlägt eine musikalische Brücke zwischen Pop, Rock und klassischer Musik. Managerin Petra Toscany spricht im Interview über ein ruhiges Jahr, Durchhaltevermögen und die Symbiose zwischen Moderne und Klassik.
Von Sarah Kleiner
Die einhundertsten Salzburger Festspiele feierten in diesem Jahr an einem verregneten Juliwochenende ihre Eröffnung. Dramatische Überschwemmungen im ganzen Bundesland und eine gefährlich hoch stehende Salzach hätten die Feierlichkeiten beinahe verhindert. Auch der Auftritt des Streichquartetts Classic Rocks wäre beinahe ins Wasser gefallen. Zoltan an der Geige, Romana an der zweiten Violine, Izabella am Violoncello und Vladi an der Bratsche: Im Hof Wolf-Dietrichsruh des Salzburger Juridicums boten die vier Streicher dann doch ihre klassische Interpretation moderner Musiktitel, von Jacksons „Billie Jean“ über „Dont worry, be happy“ bis hin zu „Lambada“ und „Bucovina“. Die anfänglichen Regenschauer verzogen sich beim „Coffin Dance“ und man konnte mit Blick auf den rosa eingefärbten Abendhimmel sogar noch die Sonne erahnen.
Die hinter Classic Rocks stehende gleichnamige Künstlervermittlung aus Salzburg existiert seit 2017 und hat rund 150 Musikerinnen und Musiker im Portfolio. Gründerin und Managerin Petra Toscany hat nach dem Konzert mit uns über ihr modernes klassisches Kulturangebot gesprochen.
Sie haben zwölf Jahre bei einer Konzertgesellschaft gearbeitet und sich dann mit einer Künstlervermittlung selbstständig gemacht. Wie kam es zu dem Schritt?
Petra Toscany: Ich war lange Zeit bei einer Salzburger Konzertgesellschaft und habe dort tolle Reisen mitmachen dürfen, ich habe wirklich viel gelernt und tolle Events mitgestaltet. Ich liebe Musik, sei es privat oder beruflich und spiele auch selbst ein bisschen Gitarre – aber setzen Sie mich bitte bloß nie auf eine Bühne damit (lacht). Ich habe mir dann gedacht, es wäre nett, die klassischen Streichinstrumente mit ein bisschen Pop, Rock, also mit etwas Modernem zu verbinden und dadurch ist die Idee zu Classic Rocks entstanden. Wir haben auch verschiedene andere Formationen, zum Beispiel eine Rock- und Pop-Band, ein Jazz Duo, aber mein Herz und meine Leidenschaft gehört dem Streichquartett und dieser Symbiose zwischen Moderne und Klassik. Das ist einfach etwas Neues und Salzburg hat meiner Meinung nach schon genug Mozart.
Also Sie wollten über diese Symbiose ein Kulturangebot etablieren, dass die Menschen im Heute erreicht?
Auf jeden Fall und auch die Leute dazu bewegen, etwas Neues auszuprobieren. Heute Abend gab es zum Beispiel die perfekte Möglichkeit, die Festspieleröffnung bei freiem Eintritt und unter freiem Himmel zu erleben und sich auf ein Programm einzulassen, für das man sich für ein erstes Kennenlernen vielleicht keine teure Konzertkarte kaufen würde.
Welche Musikrichtungen hören Sie privat, was fasziniert Sie an Klassik?
Das, was aus dem Radio kommt, höre ich prinzipiell gerne und das zieht dann weitere Kreise, wenn ich ein neues Lied höre, das mir gefällt. Heute gegen Ende haben wir zum Beispiel mit „Wellerman“ einen relativ neuen Hit gespielt, der derzeit auf Ö3 rauf und runter läuft. Ich bin im Auto gesessen und habe das Lied gehört und dann unseren Vladi, der im Ensemble die Bratsche spielt, angerufen. Ich habe gesagt „Vladi, es gibt da so ein cooles neues Lied, könntest du das bitte für das Streichquartett arrangieren?“. Das ist nämlich auch das Schwierige, es gibt in der Regel keine Streichquartett-Noten für Songs wie „Narcotic“ von Liquido oder „Highway to Hell“. Das heißt, da sitzt dann unser Vladi und arrangiert, komponiert und tüftelt, bis wir eine Version für das Quartett hinbekommen.
Sie bestritten vor der Pandemie mehr als 100 Auftritte pro Jahr. Wie war das vergangene Jahr für Sie und die Künstler?
Müssen wir wirklich über das vergangene Jahr sprechen? (lacht) Also es war ruhig, aber es gab natürlich auch Zeit für neue Ideen, neue Arrangements, für neue Songs, ein paar Proben und einen verlängerten Winterschlaf. Jetzt hoffen wir, dass es gut weitergeht. Der Sommer lief bis jetzt ganz gut, allerdings steigen die Zahlen und wenn man den Menschen zuhört, merkt man, dass auch die Angst wieder zunimmt, dass bis Herbst eine vierte Welle heranrollt. Geplant sind zur Zeit einige Hochzeiten im Herbst, wobei mir manche Brautpaare persönlich sehr leid tun, weil es bei vielen bereits der dritte Termin ist und sie ihre Feiern mehrmals verschieben mussten.
Das ist schon der zweite Auftritt von Classic Rocks bei den Salzburger Festspielen. Inwiefern unterscheidet sich das Spielen hier von anderen Auftritten?
Es klingt natürlich toll, bei der Eröffnung der Salzburger Festspiele dabei zu sein und das ist es auch. Das Besondere bei den Festspielen ist sicher der Flair. Es ist großartig, dass man hier mehr in Kontakt mit den Einheimischen kommt. Dadurch, dass wir viele Auftritte bei sozusagen geschlossenen Gesellschaften wie Firmenfeiern oder Hochzeiten haben, ist es natürlich ganz etwas anderes, wenn man ein breites und buntes Publikum von Jung bis Alt vor sich hat.
Die Jugend ist ein gutes Stichwort. Sie überblicken einen großen Kulturbereich, kommen denn viele junge Musiker nach? Wie ist das Interesse der Jugend an klassischer Musik?
Es wird immer schwieriger, junge Menschen für Klassik zu begeistern, das merke ich schon. Aber einige unserer Musiker und Musikerinnen unterrichten auch und wenn diese dann Schüler haben, Kinder, mit acht, neun, zehn Jahren, und es heißt, „Wir spielen heute den ‚Wellerman‘ mit der Geige“, dann sind die hellauf begeistert und teilweise manchmal sogar froh, wenn sie einmal keinen Mozart spielen müssen.
Was sind derzeit die großen Herausforderungen in der Künstlervermittlung?
Momentan auf jeden Fall durchzuhalten und nicht die Motivation zu verlieren. Ja, durchhalten und positiv in die Zukunft blicken, das ist die Herausforderung gerade.
Wir widmen uns in der vorliegenden Ausgabe dem „guten Leben“. Was braucht es in Ihren Augen dafür?
Wahrscheinlich braucht es dafür den Einklang mit sich selbst, eine positive, optimistische Einstellung und bis zu einem gewissen Grad die Gewissheit, dass schon alles gut werden wird. Auch, wenn man sich manchmal denkt „Um Gottes Willen, in welchem Sumpf sind wir denn da gerade wieder unterwegs“– am Ende wird‘s immer gut.
Mehr Informationen zur Künstlervermittlung Classic Rocks und dem gleichnamigen Ensemble finden Sie auf classic-rocks.at oder auf facebook.com/classic1rocks.