Cool & the vegan

Die spanische Marke „Flamingos Life“ produziert vegane Sneakers und setzt dabei
konsequent auf Nachhaltigkeit. Das Resultat: Stylische Schuhe mit kleinem ökologischen Fußabdruck.

Von Jutta Nachtwey

Manchmal entwickelt sich das Leben ganz anders als geplant – und das ist gut so. Bes-tes Beispiel: Carlos García Sánchez, der aus Elche in der spanischen Region Valencia stammt und nach Granada ging, um dort Soziologie zu studieren. Da er knapp bei Kasse war, überlegte er, wie er nebenbei etwas Geld verdienen könnte. Seine Familie hatte in der Zuliefererbranche für die Schuhindustrie Erfahrungen gesammelt, also beschloss er 2015, zusammen mit seinem Vater, seinem Bruder und einem Freund in Elche eine Firma namens „Flamingos Life“ zu gründen und Wassersandalen aus recyceltem Plastik herzustellen. Nach diesen ersten Schritten traute sich Carlos García Sánchez mehr zu: Er wollte Sneakers produzieren. Der Vertrieb der ersten Kollektion lief allerdings schleppender an als erwartet. Das Team musste zuerst verschiedene Vertriebskanäle erkunden, bis die Einnahmen schließlich reichten, um die zweite Kollektion zu starten. Was als Nebenjob eines Mittezwanzigjährigen Studenten begann, entwickelte sich zum Herzensprojekt: Carlos García Sánchez brach das Soziologiestudium ab und konzentrierte sich danach voll und ganz auf „Flamingos Life“.

Sein Ziel war es von Anfang an, umweltfreundliche Schuhe herzustellen, er merkte aber, wie schwierig es in dieser Branche ist, Informationen über die Herkunft von Materialien zu erhalten. Also musste er entlang der gesamten Lieferkette erstmal Überzeugungsarbeit leisten und Kooperationspartner finden, die bereit waren, für Transparenz zu sorgen.

Dass die Schuhe vegan sein sollten, stand für ihn ebenso von vornherein fest – zum einen, weil die Viehwirtschaft die Umwelt erheblich belastet, zum anderen aus Respekt gegenüber Tieren. Die ursprüngliche Idee, recyceltes Plastik als eine wesentliche Komponente einzusetzen, verwarf „Flamingos Life“ schließlich und suchte stattdessen nach Materialien, die auf nachwachsenden Rohstoffen basieren. Der Anteil von recyceltem Kunststoff konnte dadurch drastisch reduziert werden. Das Obermaterial der Kollektionen „Classic 70s“, „Old 80s“, „Retro 90s“ und „Roland V.7“ wird vorwiegend mit Mais-Abfällen aus GVO der Landwirtschaft hergestellt – also ohne Einsatz gentechnisch veränderter Organismen, was zugleich garantiert, dass bei der Kultivierung beispielsweise keine Herbizide wie Glyphosat verwendet werden. Laut der Marke ist das Maisbasierte Material eine bequeme Alternative zu Leder und erweist sich sogar als langlebiger.

Für das Futter der Schuhe verwendet „Flamingos Life“ ein Gewebe, das aus Bambus hergestellt wird. Die Vorzüge dieser Pflanze: Sie wächst besonders schnell, kommt grund-sätzlich ohne Pestizide oder Düngemittel aus, produziert mehr Sauerstoff und bindet mehr CO2 als andere Pflanzen. Darüber hinaus verwendet die Marke auch Materialien, die auf Hanf, Bio-Baumwolle und nachhaltig gewonnenem Kautschuk basieren.

Die Sneakers werden in Familienbetrieben in Elche und in Torrados (Portugal) hergestellt. Einen Einblick in die handwerkliche Fertigung präsentiert die Marke mittels Fotos und Videoclips auf der Webseite im Bereich „Craftmanship“. Zwecks Transparenz auf allen Ebenen kooperiert „Flamingos Life“ mit „BCome“, einer Plattform für Nachhaltigkeitsmanagement im Bereich Fashion. Gemeinsam führen sie Analysen des Produktionsprozesses und der Lieferkette durch. Die Ergebnisse belegen beispielsweise für jedes Schuhmodell die Einsparungen bezüglich Wasserverbrauch und CO2-Ausstoß im Ver-gleich zu einer konventionellen Sneakerproduktion. „BCome“ zertifiziert zudem, das alle Beteiligten – vom Anbau der Rohstoffe bis zum Verpacken des fertigen Produkts – unter sicheren und fairen Bedingungen arbeiten.

Je nach Kollektion spendet „Flamingos Life“ an verschiedene Umweltorganisationen. Durch den Verkauf des „Classic 70s“-Modells fließt Geld an die Organisation „Eden Reforestation Projects“, die damit für Wiederaufforstung in Mosambik und Madagaskar sorgt. Diese Maßnahmen schaffen neuen Lebensraum für bedrohte Arten und sichern den Lebensunterhalt lokaler Arbeiter und ihrer Familien.

Die „Roland“-Kollektion ist dem Thema Meer gewidmet. „Flamingos Life“ spendet einen Teil der Erlöse an die Organisation „Waste Free Oceans“, die sich für die Säuberung der Ozeane und das Recycling des Meeresmülls einsetzt. Im letzten Jahr gingen die monatlichen Spenden von „Flamingos Life“ beispielsweise an ein bulgarisch-rumänisches Projekt zur Säuberung der Donau bis hin zum Schwarzen Meer und zum Mittelmeer.

Ein Teil des Erlöses der Kollektionen „Retro 90s“ und „Old 80s“ fließt in eine Kooperation mit „Agua ONG“, die damit Trinkwasserbrunnen in Uganda aufbaut. Dies wirkt der Erkrankung der lokalen Bevölkerung entgegen und verbessert ihre Lebenserwartung. Darüber hinaus entbinden die Brunnen Frauen und Kinder von der Pflicht, Wasser über weite Strecken zu schleppen, was ihnen neue Entwicklungsperspektiven eröffnet.


Insgesamt bietet die Marke auf der Webseite ausführliche Informationen über die Schuh-produktion und die unterstützten Umweltprojekte. Zusätzlich gibt es jedoch auch die Rubrik „Inspo“, eine visuelle Inspirationszone mit unterschiedlichsten Bildwelten: Gemälde des in Valencia geborenen Impressionisten Joaquín Sorolla, ein Filmstill aus „Jamon Jamon“ mit Penélope Cruz, ein Geschäft mit traditioneller Keramik, Straßenszenen aus verschiedenen Städten weltweit, U-Bahn-Graffiti, eine Schäferin mit Handy im Nebel, Interiordesign aus den 1970er Jahren, Architekturfotos und mehr. Diese Auswahl kommuniziert einerseits die Verankerung der Marke in der spanischen Kultur, andererseits ihre Weltoffenheit. Da Carlos García Sánchez auch Creative Director der Marke ist, wirkt „Inspo“ zudem wie ein persönliches Statement des mittlerweile 34-Jährigen – er gibt hier seine eigenen visuellen Interessen und Vorlieben preis.

Auch bei der Präsentation der eigenen Produkte integriert er in der Rubrik „Collections“ beiläufig Verweise auf lokale Traditionen. Die Sneaker tragenden Models sind in einem gekachelten Raum positioniert, hinter ihnen im Anschnitt ein Holzstuhl mit Korbgeflecht und ein Tischchen mit Samtüberwurf und Häkeldeckchen. Vorwärts und rückwärts zu blicken, scheint für die Marke kein Widerspruch zu sein. Durch den visuellen Mix von Zeitgeist und Tradition hebt sie sich auf erfrischende Weise vom globalisierten, gleichförmigen Look anderer Sneakerhersteller ab.

Abgesehen von solchen ästhetischen Aspekten überzeugen jedoch auch die reinen Fakten. Das Unternehmen, in dem derzeit zwölf Personen arbeiten, hat durch seine Spendenaktivitäten laut Eigenangaben bereits einiges erreicht: Die Pflanzung von über 275.000 Bäumen, das Einsammeln von mehr als 27.000 Kilogramm Meeresplastik und den Zugang zu sauberem Wasser für 1.500 Menschen. Fazit: Kleines Team, große Wirkung!


flamingoslife.com


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