Koordinaten zum Raumschiff Erde
Das gallische Bundesland
Vorarlberg ist strukturell auf Mitsprache der Bevölkerung bedacht. In der Landesverfassung bekennt sich das Bundesland zur „direkten Demokratie in Form von Volksbegehren, Volksabstimmungen und Volksbefragungen und fördert auch andere Formen der partizipativen Demokratie.” Mit letzteren sind in erster Linie die Bürgerräte gemeint, die ein unparteiisches Sprachrohr der Bevölkerung darstellen.
Von Sarah Kleiner
Die bekannteste Volksabstimmung, die in Vorarlberg je durchgeführt wurde, ist wohl die über den Beitritt zur Schweiz. Am …
11. Mai 1919 stimmten mehr als
80 Prozent der damals Stimmberechtigten dafür, dass Vorarlberg die Mitgliedschaft der schweizerischen
Eidgenossenschaft erwägen soll. Entgegen dieser Bekundung wurde Vorarlberg mit dem Vertrag von Saint-Germain allerdings Teil Österreichs. Der Charakter des gallischen, autonomie-bedachten Bundeslands blieb aber.
Eine der
2 landesweiten Volksabstimmungen, die in der
2. Republik stattfanden, trug den Titel „Pro Vorarlberg“. Im Jahr
1980 stimmten dabei über
90 Prozent der Stimmberechtigten und davon fast
70 Prozent für „die Stärkung der Stellung des Landes (der Länder) und der Gemeinden im Rahmen des österreichischen Bundesstaates“ ab.
Seit
1966 wurden auf Gemeindeebene insgesamt
41 Volksabstimmungen abgehalten.
2012 verhinderte die Bevölkerung der Gemeinde Mittelberg so zum Beispiel, dass um
15 Millionen Euro eine Panoramabahn über das komplette Schwarzwassertal gebaut wird.
2019 wurde die Idee des Beitritts zur Schweiz übrigens wieder aufgegriffen.
Der Schweizer SP-Politiker Martin Sailer brachte anlässlich des
100. Jubiläums der Abstimmung bei der St. Gallener Regierung einen Antrag ein, dass Vorarlberg der
27. Kanton der Schweiz werden oder mit St. Gallen fusionieren sollte. In seiner Interpellation fasst er sein Vorhaben so zusammen: „Visionär? Ja. Spinnerei? Mag sein. Verfolgenswert? Unbedingt.“ Die St.Gallener Regierung weist in ihrem Antwortschreiben darauf hin, dass eine solche Sezession nur zulässig wäre, wenn in dem Territorium Menschenrechte systematisch und schwer verletzt würden. Dies sei aber „im Fall Vorarlbergs in keiner Weise der Fall“.
Quellen: Blog des Schweizerischen Nationalmuseums; Diplomarbeit von Ramona Büsel: „Ausbau der direkt demokratischen Entscheidungsprozesse im Umweltrecht“, Johannes Kepler Universität Linz, 2022; Webseite des Landes Vorarlberg; Ratsinformationssystem des Kantonsrates St. Gallen.