Das Profil der Reifen
Von hier aus radelt der Alpkäse erst bergab- und dann talauswärts. Im September ist er dann in Wien. Foto Georg Alfare
Im September ist es wieder so weit. ALMAs „Käsliebe“ bringt Alpkäse – und nichts als das – in die Hauptstadt. Und hat sich dafür etwas Außergewöhnliches einfallen lassen: Der Laib wird herangeradelt. Von Jürgen Schmücking
Die vergangenen Jahre waren für die Älplerinnen und Älpler aus dem Ländle nicht einfach. Es waren zwar schöne Sommer, oben auf der Alp, aber unten im Tal hatten die Menschen anderes im Kopf als Käse. Also nahmen die Leute von ALMA das mit dem Berg und dem Propheten wörtlich und brachten den Käse in die Stadt. Das Projekt „Käsliebe“ entstand und wurde ein voller Erfolg. Im Wiener Bezirk Neubau konnte man zweimal im Jahr für einige Wochen herrlichen Alpkäse aus den Bergen Vorarlbergs erwerben. Für das Konzept des Stores wurden zwei Querdenker engagiert, die eigentlich ganz woanders zuhause sind als beim Käseverkauf. Matthias Köb und Harald Triebnig sind irgendwie multi unterwegs. In Wien und auch im Bregenzerwald.
Der ehemalige Käsliebe-Pop-up in Wien. Foto Philipp Kleber
Zurück zum Käse. In der „Käsliebe“ lernt man ihn lieben, den Alpkäse. Und man lernt auch sonst noch allerhand über ihn. Dass er ausschließlich aus Milch von Kühen gemacht wird, die auf der Alp gemolken werden, während beim Bergkäse kurioserweise auch Milch aus dem Tal verwendet werden darf. Im Verkauf sind drei Jahrgänge, 2020, 2021 und 2022. Klarerweise ist der 20er der Anspruchvollste. In seiner ausdrucksstarken Würzigkeit spiegelt sich ein Potpourri an Wildkräutern wider. In die „andere“ Richtung gedacht: Je jünger, desto milder und eleganter wird der Alpkäse auch. So ist der 22er, der „Jungspund“, wie ALMA ihn liebevoll nennt, der mildeste Käse im Angebot.
Die 7 Stationen der
„Käsliebe“ on tour
Schwarzenberg im Bregenzerwald (Start)
München (D) – Rosenheim (D) – Salzburg –
Vöcklabruck – Wels – Linz – Melk –
Wien (Ziel)
Für die „Käsliebe“ on tour, die im September startet, hat sich ALMA etwas ganz Besonderes einfallen lassen. Die Frage, wie die Dinge des täglichen Lebens hinauf und die Käselaibe von der Alp herunter ins Tal kommen, ist so alt wie die Alpwirtschaft selbst. Die Transportmittel, mit denen man – bei schwierigen und widrigen Wegverhältnissen wohlbemerkt – die Alperzeugnisse früher ins Tal brachte, waren mannigfaltig. Mit „Talkarren“, Schlitten und Kraxen wurden verschiedene Abschnitte des Weges ins Tal bestritten. Manchmal wurden Ochsen als Zugtiere vor den Karren gespannt, manchmal Pferde. Lieh man sich Ochs oder Pferd von einem Bauern im Tal aus, so musste dafür „Grasgeld“ bezahlt werden. Die Talkarren waren zum Transport im Tal bestimmt, weshalb sie auch im Dorf blieben. In einer historischen Abhandlung über die Geschichte der Alpwirtschaft ist genau beschrieben: „Während man die Schlitten auf der Paßhöhe ließ, ging man mit der Kraxen zur Sennhütte und trug mit ihnen die Produkte bis zur Paßhöhe. Auf der Jochhöhe oder knapp unter derselben wurden die Erzeugnisse auf die Schlitten verladen, mit denen es schnell und leicht über die steilen Hänge hinunterging. Aber die ,Talerʽ sahen das nicht gern, weil man mit diesen Fahrten auf aperem Boden arge Furchen ausfuhr, durch die das Regenwasser hinabfetzte und so manchmal kleine Muren entstanden. Im Dorf angelangt, wurde nun von den Schlitten auf die Talkarren umgeladen, der Ochs vorangespannt, und gemächlich talauswärts gefahren, wobei eifrig eingekehrt wurde; wenn es dabei gelang, einem einen Rausch anzuhängen, der sonst als Abstinenzler galt, so war die Freude besonders groß.“
Im September greift ALMA nun auf die Tradition des Ochsenkarrens zurück und schickt den Alpkäse mit dem Lastenrad nach Wien. Quer durchs Land, völlig emissionsfrei von Vorarlberg in die Hauptstadt. Die Ankunft der Räder in Wien (im doppelten Wortsinn) wird natürlich gebührlich gefeiert. Einfach dranbleiben. Mit instagram.com/kaesliebe ist man bestens informiert.