Das Geschäft mit der Liebe

Gerüchten zu Folge gilt es heutzutage als unhöflich, bei romantischen oder sexuellen Absichten Menschen in Bars zu behelligen. Selbst wenn diese Vorab-Zurückhaltung ein wenig übertrieben erscheinen mag, hat man vielleicht auch sonst wenig Zeit für Hobbys, Ausgehen, überbordende Bekanntenkreise und Partnersuche. Dafür gibt es jetzt reichlich Online-Dating-Plattformen.

Von Susanne Jäger

Im Sinne eines Internet-Warenhauses der Romantik preisen sich auch hier zahlreiche „Produkte” mit vielversprechenden Texten an, überzeugen durch geschickt in Szene gesetzte Fotos und die schiere Vielfalt lässt einen vielleicht hoffen, dass ein besseres „Angebot” nur einen Klick entfernt ist. Undurchsichtige Algorithmen setzen einem immer neue Kandidaten vor die Nase. Die Apps vermuten – wahrscheinlich zu Recht –, dass die große Liebe sich am ehesten in der gleichen sozioökonomischen Gruppe finden lässt und filtern ein wenig vor. Sie passen die Suchenden einander bestmöglich an, oder behaupten das zumindest. Die folgenden Tipps wurden aus weiblicher, heterosexueller Perspektive zusammengetragen.

Allgemeine Tipps
Ein Dating-Profil ist eine Werbeannonce für sich selbst. Wie in der Werbung sollten die Inhalte geschönt, aber nicht gänzlich erlogen sein. Es empfiehlt sich, für das eigene Profil ansprechende, aber ehrliche Fotos zu verwenden und einen griffigen, zumindest einigermaßen aufrichtigen Text beizulegen. Umgekehrt sollte man, wie bei Werbung, einen kritischen Blick auf die einem dargebotenen Informationen werfen und nicht alles kaufen, was oberflächlich gut wirkt. Bilder von nackten Oberkörpern und das Pfefferoni-Emoji heißen: Sex (und man sollte sich dann auch nicht mehr erwarten). Jemand der sich als „nett und bescheiden“ bezeichnet, ist mutmaßlich weder das eine noch das andere, weil nette und bescheidene Menschen sich diese Dinge normalerweise nicht selbst attestieren. Jemand der als Beziehungswunsch „weiß noch nicht“ angibt, ist bei anderen Dingen vielleicht ebenso desorientiert. Nicht alles, was glänzt, ist Gold. Außerdem sollten Sie Neugier, Humor und ausreichend Selbstbewusstsein mitbringen und sich nicht allzu schnell entmutigen lassen. Gut Ding braucht Weile. Und Sie nicht noch mehr Kalendersprüche. Also, an die Telefone.


„Bumble“ gilt unter den (teilweise) kostenlosen Dating-Apps als die seriöseste. Es findet ein doppelter Filter statt, beide Personen müssen matchen (will heißen: sich gegenseitig liken) und nur die Frau kann den ersten Schritt machen, indem sie zuerst schreibt. Im Steckbrief werden Ausbildung, Familienplanung, prinzipielle Bindungsfreude, Körpergröße und andere Eckdaten abgefragt. Die Männer hier sind sportlich und arbeiten im Vertrieb, im Marketing oder in Architekturbüros. Sie fahren gerne ans Meer und tragen Baseball-Caps in ihrer Freizeit. Je nach Anspruchshaltung Ihrerseits ist das entweder katastrophal bieder und der Beginn ihres persönlichen Untergangs oder aber: voll okay. The choice is yours.


„Tinder“ ist wie „Bumble“, nur ohne den Frauenfilter, das heißt bei einem Match können beide mit dem anderen Kontakt aufnehmen. Das bedeutet im heterosexuellen Kontext: mehr Sexualisierung, mehr nackte Oberkörper, mehr Pfefferoni-Emojis. Die Steckbrief-Interessen sind sehr breit gestreut, Tendenz: völlig random. Persönliche Präferenzen können etwa folgende sein: House-Partys, Aquarium, Harry Potter, Thermalbäder, Freelance arbeiten, Vintage-Mode, Schweinsbraten, Hot Yoga, Hautpflege, Nintendo, Börsenhandel, Tarot, Samba. Wie bei „Bumble“ müssen beide matchen, bis die Frau vom Mann gefragt wird, wie er sie am schnellsten ins Bett bekommt. Oder irgendein Smalltalk beginnt, der auf diese Frage hinausläuft.


OkCupid“, ebenfalls eine teilweise Gratis-Plattform, hat den Ruf, differenziertere Fragen zu Politik, Wertvorstellungen, etwaigen Neurosen und ethnischer Zugehörigkeit zu stellen. Hier gibt es Fragen zu Lebenszielen, eigenen Talenten, dem perfekten Tag und die obskure Kategorie „wonach ich eigentlich suche“ (wo einzelne Männer vorab schon angeben, dass sie eine Frau für Familienfeiern suchen). Man hat in der Gratisversion nur begrenzte Likes für Männer mit Papagei am Arm, auf der Skipiste oder am Steuer eines Segelboots. Vermeiden Sie die Männer, die im Steckbrief schon ihre Mutter erwähnen. Es ist nämlich seltsam.


„Badoo“ ist ebenso eine Gratis-App, die aber eine sichtbar weniger akademische Zielgruppe anspricht als Parship oder Bumble. Hier fragt niemand nach komplizierten Gender-Pronomen oder tiefschürfenden Wertvorstellungen, sondern die eigene Persönlichkeit wird in Kategorien wie #lachen #entspannen #pizza #meer #ehrlichkeit und #liebe eingeteilt. Die Männer sind sehr durchtrainiert, tätowiert, tragen Lederjacke und haben einen Schulabschluss. Man sieht sie öfter in ihrem Auto (nicht vor ihrem Lastenrad), in Dubai und im Jogginganzug. Sie wohnen in Orten wie St. Pölten oder Wien Simmering und definieren sich als „freiheitsliebend“ und „unkompliziert“. Das können Sie dann glauben oder nicht.


„Parship“ ist eine Bezahlplattform, die man zwar gratis downloaden, bei der man sich aber nur mit Bezahlaccount Fotos ansehen kann. Parship sagt: „Partnersuche nach dem Parship-Prinzip beginnt mit unserem wissenschaftlichen Fragebogen. Er erfasst deine individuelle Partnerschafts-Persönlichkeit und bildet die Grundlage für deine passenden Singles.“ Sie füllen dann einen detaillierten Fragebogen über ihre bevorzugte Raumtemperatur, Ihre Anspruchshaltung, Ihre prinzipielle Reaktion auf Kränkungen und Ihr bevorzugtes Verhalten auf Hochzeiten aus. Je nach angegebener eigener Gehaltsklasse werden Ihnen dann Ärzte, leitende Angestellte, Rechtsanwälte oder aber spätberufene Studenten, Energetiker oder Hippie-Aussteiger vorgeschlagen. Die Telefon-App ist nicht besonders praktisch, man merkt, dass die Plattform auf Büroangestellte mit Desktops und Nachmittagsfreizeit angelegt ist. Dafür wirken die Männer insgesamt beziehungsinteressierter als in den Gratis-Apps. Sie leiten Dialoge allerdings auch mit der Frage nach Ihren Studienabschlüssen (also Gehaltsklasse) ein, bleiben Sie wachsam.


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