Der Kampf um Klimagerechtigkeit und gegen industrielle Ausbeutung
AFIEGO community work. Foto AFIEGO
Wir gratulieren dem „Africa Institute for Energy Governance“ (AFIEGO)
aus Uganda zum Alternativen Nobelpreis. Von Kurt Bereuter
Wenn wir Menschen im wohlstandsverwöhnten Norden uns darüber Gedanken machen, von unserem benzin- oder dieselbetriebenen Fahrzeug auf ein Elektromobil zu wechseln und uns über die ökologischen Auswirkungen darüber schlau machen, kommen sehr schnell auch die dunklen Seiten der E-Mobilität zum Vorschein: ressourcenintensiv zum Beispiel an seltenen Erden, die wiederum werden großteils auf der südlichen Hemisphäre gewonnen und unter teils unmenschlichen Bedingungen abgebaut – Umweltschutz steht nicht an oberer Stelle. Und der Strom, den diese Fahrzeuge verbrauchen, muss auch irgendwo und irgendwie produziert werden und das gelingt vermutlich noch lange nicht zur Gänze klimaneutral, teilweise mit risikoreichen Atommeilern, teilweise mit Gas, teilweise mit Kohle oder mit Holz aus den Wäldern, die genau das schädliche CO2 binden würden – für Jahrzehnte, nicht nur für eine Urlaubsfahrt. Also setzen wir weiter auf Alternativenergien und bauen Photovoltaikanlagen auf unsere Dächer und Windräder auf die Berge. Das müssen wir alles tun und das ist auch richtig, wenn wir weiterhin Energie (ver)brauchen wollen.
Aber das fossile Zeitalter ist noch nicht zu Ende und wird vermutlich auch nicht so schnell zu Ende sein. Die fossilen Rohstoffe werden weiterhin exploriert und genutzt werden, nämlich nicht nur für Fahrzeuge oder zur Energiegewinnung, sondern auch für zahlreiche Kunststoffe, wie sie tagtäglich ge- und verbraucht werden. Genau diesem Umstand widmet sich das „Africa Institute for Energy Governance“ Uganda. Jetzt mit der Auszeichnung des Alternativen Nobelpreises.
2006 wurde in Uganda, Ostafrika, Erdöl gefunden, das zwar noch teuer in der Exploration ist, aber für die Zukunft wachsende Exporteinnahmen für eines der ärmsten Länder der Welt verspricht. Die Ölförderindustrie verursacht aber nicht nur enorme Umweltzerstörungen, sondern hat in den vergangenen Jahren zu Landraub und illegalen Vertreibungen geführt, in einem Land, in dem es immer noch zu Menschenrechtsverletzungen kommt und in dem bis 1986 unter Idi Amin und Milton Obote schreckliche Diktatoren herrschten.
Dickens Kamugisha, Geschäftsführer des „Africa Institute for Energy Governance“ (AFIEGO).
Foto Mutale Joshua/Right Livelihood
Das AFIEGO unter Geschäftsführer Dickens Kamugisha wurde bereits 2005 von vier Studenten gegründet und setzt sich für Klimagerechtigkeit ein, was vor Ort konkret bedeutet, dass die Rechte der betroffenen Gemeinden und deren Menschen vor ausbeuterischen Energieprojekten geschützt werden. Die Gemeinden sollen sich gegen umweltschädliche Projekte bei der Öl- und Gasförderung wehren und gehört werden können. Dabei werden die Gemeinden von AFIEGO auf mehrere Arten unterstützt. Durch Bewusstseinsarbeit in der Bevölkerung, durch Lobbying, durch Medienkampagnen gleichermaßen wie durch rechtliche Schritte in Uganda und auf internationaler Ebene. Die Organisation hat damit bei den Gemeinden Selbstbewusstsein entwickelt und dafür gesorgt, dass sie ihre Stimmen in den Medien, aber auch bei Entscheidungsträgern, sowohl national als auch international, erheben. Geschäftsführer Dickens Kamugisha: „Wenn die Regierung weiß, dass es auf der ganzen Welt Menschen gibt, die unsere Arbeit für richtig halten, überlegt sie es sich zwei Mal, ob sie uns oder unsere Gemeinschaften angreift.“ Besonders der Bau der „East African Crude Oil Pipeline“, die das Rohöl aus Uganda an einen tansanischen Hafen leiten soll, ist der Organisation ein Dorn im Auge. Es wäre die längste beheizte Pipeline der Welt mit 1.443 Kilometern Länge, gebaut vom französischen Ölkonzern „TotalEnergies“. Die dazu erstellten Dokumentationen und die Veröffentlichungen zu den Auswirkungen auf die betroffenen Gemeinden haben tatsächlich zu internationalem Druck geführt, diesen Bau zu stoppen. Als vehementer Kritiker tritt das EU-Parlament auf, deren Abgeordnete tiefe Besorgnis über Menschenrechtsverletzungen zum Ausdruck brachten. Nicht nur weil 120.000 Menschen ihrer Lebensgrundlage beraubt werden könnten, sondern auch wegen der Gefahr eines Lecks in der Pipeline, welches das Viktoriasee-Becken gefährden würde. Dieses versorgt in etwa 40 Millionen Menschen mit Trinkwasser.
Angesichts der erwarteten hohen Gewinne für die Staaten Uganda und Tansania, sowie die nationalen beteiligten Ölkonzerne, verwundert es nicht, dass die Arbeit von
AFIEGO immer wieder heftige Reaktionen der ugandischen Regierung hervorrufen: von der Bedrohung von Mitarbeitern der Organisation über Schikane bis hin zur Inhaftierung, wie AFIEGO berichtet. Das erfordert tagtäglich Mut und Durchhaltevermögen. Angesichts der Klimakrise will man aber nicht nur gegen die weitere Öl- und Gasförderung protestieren, sondern gleichermaßen einen Pfad für erneuerbare Energie für die afrikanischen Länder mitentwickeln. Und für diese zukunftsträchtige Energiegewinnung bietet der Kontinent beste Voraussetzungen im Sinne von Sonnenenergie und Windkraft. Damit sollten regionale Strukturen geschont und entwickelt werden, sodass auch Wertschöpfung, Arbeitsplätze und wirtschaftlicher Benefit im Land bleiben und den Gemeinschaften vor Ort nützen. Wirtschaftliche Entwicklung, soziale und kulturelle Bildung schaffen dann auch Voraussetzungen für eine weitere Demokratisierung der Gemeinschaften, die um ihre Rechte wissen und sie auch verteidigen und einfordern können.