Dinge des Lebens
Wo kommt unser Essen her – und wo geht es hin?
Herkunft, Inhaltsstoffe und Verwertung von Lebensmitteln: Produkt-Apps wie „Inoqo“ und „FoodShiner“ machen das Smartphone zur „Informationszentrale“, um CO2-Abdruck und Lebensmittelverschwendung besser in den Griff zu bekommen. Von Babette Karner
Woher kommt mein Essen? Was ist drin? Und: Was passiert mit Lebensmitteln, die übrig bleiben? Noch vor ein paar Jahren hat sich kaum jemand Gedanken darüber gemacht, woher der tägliche Einkauf stammt, und was mit Produkten passiert, die in Supermärkten, Lebensmittelgeschäften und Restaurants tagtäglich weggeworfen werden müssen. An verlässliche Informationen zu kommen, war schwierig.
Heute hingegen informiert sich schon fast jeder zweite Supermarkt-Kunde per Handy über Herkunft und Herstellung der Produkte, die im Einkaufswagen landen: Das ergab eine repräsentative Umfrage des Digitalverbands Bitkom von 1.007 Menschen in Deutschland ab 16 Jahren. Die fortschreitende Digitalisierung der Wertschöpfungsketten, die Vereinheitlichung von Datenströmen und die Schaffung von Schnittstellen machen es möglich, dass Lebensmittel- und Produkt-Apps Kundinnen und Kunden beim Einkauf unterstützen: Das Smartphone wird zunehmend zur „Informationszentrale“.
Am anderen Ende der Kette stehen Organisationen und Apps wie „Too Good To Go“ („Zu gut zum Wegwerfen“), die sich mit der Frage beschäftigen, wo all die Lebensmittel hingehen, die nicht verkauft oder verwertet wurden.
Was für Möglichkeiten gibt es also, mittels Smartphone das „Woher und Wohin“ des persönlichen Konsums zu überprüfen und zu organisieren? Für die Bestimmung von Inhaltsstoffen und die Verwertung von Lebensmitteln existieren bereits einige interessante Angebote. Mangel herrscht leider noch an Apps, die es tatsächlich erlauben, die Lieferketten von Produkten bis ins Detail nachzuverfolgen.
Inoqo: Jeder Einkauf zählt
Das Wiener Start-up „Inoqo“ hat eine App entwickelt, mit der Konsumentinnen und Konsumenten Einkaufsbelege von Lebensmittelgeschäften scannen können, um Informationen zum CO2-Fußabdruck ihres Einkaufs zu erhalten. Zudem werden nachhaltigere Alternativen angeboten.
„Inoqo“ ist bisher die einzige App, die es zumindest in Ansätzen ermöglicht, mehr über die Herkunft von Produkten zu erfahren. Inoqo-Gründer und CEO Markus Linder wurde für seine innovative Lösung 2020 zu den Top-10-Finalisten von greenstart, dem Inkubator des österreichischen Klima- und Energiefonds, gewählt.
Wer die Inoqo-App nutzt, legt mittels eines Fragebogens Aspekte fest, die einem wichtig sind, und bestimmt, welche Inhaltsstoffe man vermeiden möchte: etwa ja zu Bio-Eiern und regionalen Produkten, nein zu Palmöl. Inoqo berechnet dann nicht nur den CO2-Abdruck des jeweiligen Einkaufs, sondern prüft auch, ob sich in der Zutatenliste des Produkts eventuell Dinge verbergen, die dem eigenen Profil nicht entsprechen. Ist das der Fall, schlägt die App Alternativen vor.
inoqo.com
für IOS und Android erhältlich
FoodShiner: Was habe ich im Haus?
Wer kennt das nicht: Kühlschrank und Vorratskammer sind voller Produkte, die – einst mit großem Enthusiasmus erstanden – ihr Haltbarkeitsdatum längst überschritten haben. Der Ansatz von Apps wie FoodShiner ist so schlicht wie effektiv: Um private Lebensmittelverschwendung zu verhindern, hilft ein detaillierter Überblick, was man eigentlich im Haus hat. Mit der FoodShiner App hat man mittels einfach erstellbarer Listen die Vorräte im Kühlschrank und in der Speisekammer immer im Blick. FoodShiner behält dabei auch das Mindesthaltbarkeitsdatum im Auge und erinnert einen rechtzeitig daran, welche Lebensmittel verwertet werden sollten, bevor sie verderben.
foodshiner.app
für IOS und MacOs erhältlich
Uxa Foodsharing: Lebensmittel mit anderen teilen
Die Uxa-Foodsharing-App kümmert sich um die Lebensmittelrettung im privaten Bereich. Sie bietet eine Plattform, um überschüssige Lebensmittel mit anderen Menschen zu teilen. Das Prinzip ist einfach: Man macht in der App ein Foto von denjenigen Lebensmitteln, die man abgeben möchte, fügt Haltbarkeitsdatum und Kategorie hinzu, und macht sie sofür andere Nutzer im Umkreis sichtbar. Interessierte können den Artikel per Nachricht anfragen. Wer selbst Lebensmittel sucht, sieht auf einer Karte alle Angebote in seiner Nähe. Leider ist die Uxa-App und ihre gute Idee derzeit nur in Deutschland verfügbar. Ein gutes Lebensmittel-Angebot existiert im Moment vor allem in Großstädten wie Hamburg, Berlin und München sowie dem Ruhrgebiet.
uxa-app.com
für IOS und Android erhältlich
Die Mundraub-App: Früchte und Kräuter zum Selberpflücken
Zu guter Letzt noch eine App, deren Idee weltweit Schule machen sollte: Denn die Mundraub-Organisation verbindet europaweit Menschen mit „ungepflückten“ Obstbäumen und Sträuchern. Die Idee zur App entstand während einer Paddeltour im September 2009. Gründer und Gründerin Kai Gildhorn und Katharina Frosch wuchs unterwegs nämlich frei zugängliches Obst von Sträuchern und Bäumen im wahrsten Sinn des Wortes in den Mund. Das Absurde daran: Der Proviant der beiden bestand aus in Plastik verpackten Supermarktfrüchten. Keine Woche später riefen sie die Mundraub-Organisation ins Leben.
Inzwischen engagieren sich zehntausende Menschen sowohl online als auch im realen Leben, um Fundorte miteinander zu teilen und gemeinsame Pflanz- und Ernteaktionen durchzuführen. Von Stockholm bis Kreta, von Lissabon bis Chisinau finden sich heute auf der Mundraub-Karte unzählige Standorte, wo es welches Obst zu ernten, zu pflücken oder aufzulesen gibt. Ein eigener Punkt mit „Mundraub“-Regeln weist Userinnen und User darauf hin, Eigentumsrechte stets zu respektieren und behutsam mit der Natur umzugehen.
mundraub.org/map
für IOS und Android erhältlich