„Ein Euro unter Kollektiv, ist ein Euro zu viel“

Diensträder können privat und beruflich genutzt werden.

Das Firmenauto ist ein altbekannter Berufsanreiz, doch langsam wird auch das Modell des Dienstfahrrads in Österreich populärer. Mit vielen Vorteilen: Geringere Kosten für Unternehmen und Dienstnehmer, höhere Fitness, weniger Krankenstände und Emissionen. Doch das junge Modell hat noch Probleme. Ein Gespräch mit Marc Gerhardinger, CEO von Firmenradl.at, über kollektivvertragliche Ausschlussgründe, Fully-E-Mountainbikes, Statussymbole und eine sich überschlagende technologische Entwicklung. Von Jürgen Keck

Marc Gerhardinger, Geschäftsleiter Firmenradl.

Klimakrise trifft auf Mobilitätswandel: Ist das Job-Rad ein neues Statussymbol?
Marc Gerhardinger: Immer mehr Arbeitgeber und Arbeitnehmer werden auf das Modell „Dienstrad“ aufmerksam – und damit steigt auch die Begehrlichkeit des Angebots. Aktuell ersetzt es den Dienstwagen im Stellenwert zwar noch nicht zur Gänze, alles entwickelt sich aber in diese Richtung, weil es einfach sehr viele Vorteile mit sich bringt.

Welche Vorteile meinen Sie?
Dienstnehmer können sich im Rahmen einer Gehaltsumwandlung ein Fahrrad leisten, das sie sich privat nicht geleistet hätten – weil sie es in monatlichen Raten über eine Steuerreduktion bezahlen. Die wird bequem vom Bruttolohn abgezogen, außerdem ist man während der gesamten Laufzeit versichert und kann und soll es freilich auch privat verwenden. Die Firmen profitieren von dem Angebot im Sinne einer Attraktivierung und Imageaufwertung des Unternehmens, weil sie den Mitarbeitenden einen Benefit bieten, der sie im wirtschaftlichen Sinne nichts kostet. Darüber hinaus profitieren beide von einer Steigerung der Fitness, was etwa weniger Krankenstände bedeutet. Und insgesamt reduzieren sich auch die Kosten für die Mitarbeitermobilität deutlich, weil weniger Parkplätze nötig und Fahrräder einfach deutlich günstiger als Pkws sind.

Das Modell der Gehaltsumwandlung ist vielen aber noch nicht geläufig, oder?
Das stimmt, es ist ein komplexes Thema. Deshalb braucht es deutlich mehr Information darüber. De facto müssen alle Partner, die an und mit diesem Modell arbeiten, mehr darüber aufklären. Damit meine ich nicht nur die Leasinganbieter, wie wir einer sind, sondern auch das Bundesministerium, den Fahrradhandel, das Finanzamt und die Krankenkassen. Es braucht eine simple und klare Kommunikationsstrategie, die den Österreicherinnen und Österreichern vermittelt, dass es das Modell gibt und wie es funktioniert. Eine gemeinsame Broschüre wäre schon mal sehr hilfreich.

Hürden gibt es aber auch beim Kollektivvertrag, richtig?
Ja, alle – und das sind in Österreich viele tausende Mitarbeitende – die das kollektivvertragliche Mindestgehalt erhalten, dürfen sich rechtlich aktuell kein Dienstrad nehmen. Wieso? Weil die monatliche Rate den Bruttolohn reduziert. Und wer deshalb unter das Kollektivvertragsgehalt rutscht, der fliegt aus dem Dienstradsystem, weil es in Österreich eben nicht erlaubt ist weniger zu verdienen. Das ist ungerecht und außerdem schwer zu vermitteln, wieso sich der eine Kollege ein Fahrrad nehmen kann, der andere aber nicht. Kurz: Das Modell wäre ja gerade für jene Menschen interessant, die weniger Geld verdienen, weil das Dienstradmodell eben deutlich günstiger ist als die private Anschaffung.

Unternehmen können aber doch auch einen Teil der Rate übernehmen?
Ja, aber das löst dieses Problem nicht. Ein Euro unter Kollektiv, ist ein Euro zu viel. Außerdem ist die Übernahme eines Teils der Rate eine freiwillige Sache, weil für die Firma im Rahmen der Lohnverrechnung und Abwicklung freilich auch Aufwände entstehen. Viele Unternehmen sagen deshalb: Wir übernehmen die Administration, bieten euch das Angebot, aber zahlen nichts dazu.
Am Ende der Laufzeit können die Mitarbeitenden das Modell zum Restwert erwerben. Wird das genutzt?
Dazu fehlen uns noch belastbare Daten, weil das Modell ja erst zwei Jahre alt ist und die ersten Zweijahresverträge gerade auslaufen. Im Rahmen von Kundenbefragungen während der Laufzeit wissen wir jedoch: Viele wollen es prinzipiell übernehmen, weil sie ja schon dafür bezahlt haben.

E-Bikes boomen. Analog zum E-Auto schreitet die technologische Entwicklung auch beim elektrifizierten Fahrrad rasant voran. Welche Auswirkungen hat das?
E-Bikes sind nicht mehr wegzudenken, der Anteil liegt bei uns bei 80 Prozent. Und der Vergleich trifft zu, heute ist ein 24 Monate altes E-Bike de facto technisch nicht mehr up to date, weil gerade bei den Akkukapazitäten und den Motoren massive Steigerungen erzielt werden. Darauf weisen wir auch dezidiert hin und bieten aus diesem Grund als einziger Anbieter auch Zweijahresverträge und Restwertmodelle an, weil man nach vier Jahren eben ein vermeintlich sehr, sehr altes E-Bike besitzt. Unsere Annahme ist: je besser der Kunde über den Fahrradmarkt informiert ist, desto eher wird er am Ende der Laufzeit auf ein neues Fahrrad umsteigen und nicht kaufen.

Was macht den Reiz des elektrischen Antriebs beim Fahrradfahren eigentlich aus?
Nicht jeder will am Morgen schon eine Stunde schwitzen, aber eventuell am Heimweg etwas für sich und seine Fitness tun. Genau diesen Spagat schafft das E-Bike über die Steuerungsmöglichkeit der elektrischen Unterstützung beim Fahren.

Welche Fahrradgattung boomt aktuell in Österreich beim Dienstrad am meisten?
Ganz klar, das Elektro-Fully-Mountainbike. Die Leute sagen, aufgrund der Ersparnis kann und möchte ich mir das leisten – sei es als Zweitrad oder als „Daily Driver“.

Wo ist die Nachfrage nach Diensträdern eigentlich besonders groß?
Im ländlichen Bereich ist die Nachfrage aktuell stärker, obwohl das Potenzial in den Städten aufgrund der kürzeren Distanzen und der Parkplatzknappheit groß ist. Dafür entwickelt sich die Nachfrage nach Lastenrädern in den Städten in eine positive Richtung, auch weil es dementsprechend gefördert und gepusht wird.

Fahrrad vs. Infrastruktur: In welchen Aspekten gibt es hier die größten Baustellen, wo besteht Optimierungspotenzial?
In der Stadt haben wir einfach ein Platzproblem, wir können die Straßen nicht verbreitern. Aber es passieren viele positive Dinge, etwa in Wien oder Graz – wie beispielsweise die Schaffung sehr breiter Radstreifen, wie es etwa in Dänemark oder in den Niederlanden Standard ist. Dort funktioniert das Mit- und Nebeneinander von allen Verkehrsteilnehmern deutlich friktionsfreier, wir tun also gut, uns dort Anleihen zu nehmen.


Advertorial. Fotos Intersport / Firmenradl.at


Teilen auf:
Facebook Twitter