Essay

Von Ulrich Grober

„Sommerfrische“ – ah, was für ein schönes altes Wort! Schon immer war sie ein Ort und eine Zeit für frische Gedanken über die Basics des Lebens. Was aber wäre existenzieller als die frische Luft selbst? Sie ist unser Lebenselixier und elementarstes Lebens-mittel. Sie ist die wichtigste Komponente eines lebensfreundlichen Klimas. Doch warum kümmert sie uns so herzlich wenig? Der urbane Mensch des 21. Jahrhunderts verbringt an die 90 Prozent seiner Lebenszeit in geschlossenen Räumen oder Fahrzeugkabinen. Dort atmen wir Luft, die erwärmt oder gekühlt, gefiltert und mit technischen Mitteln reguliert und normiert – mit einem Wort „konditioniert“ ist. Auf Dauer tut uns diese matte Luft nicht gut. Die aktuelle Pandemie brachte den Zwang zu Homeoffice und Quarantäne mit sich. Wir gewöhnten uns qualvoll an das Tragen einer Mund-Nasen-Maske. Die Bilder von künstlich beatmeten Patienten auf den Intensivstationen lösten Furcht und Schrecken aus.  Bringt uns dieser Schock endlich zu einem echten Wandel in unserer Beziehung zur Umwelt?

Was ist „frische“ Luft eigentlich? Die Lufthülle in den bodennahen Schichten besteht überall aus knapp 80 Prozent Stickstoff, 20 Prozent Sauerstoff, geringen Anteilen von Edelgasen und Wasserdampf und schließlich 0, 03 Prozent Kohlendioxid. Reinheit und „Frische“ beziehen sich nicht direkt auf diese chemische Zusammensetzung, sondern auf die Luftbeimengungen. Es geht um die Belastung mit natürlichen Stäuben und Pollen, vor allem aber um die anthropogenen Schadstoffe wie Feinstäube und Umweltgifte. Die Zonen großer Belastung decken sich weitgehend mit den Ballungsgebieten von Besiedlung, Verkehr und Industrie.

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