Garten Eden mitten in Italien

Nachhaltigkeit bedeutet nicht gleich Verzicht im Urlaub. Luxusresort, Kulturstadt und Badesee in Italien – das alles geht auch mit Blick auf den ökologischen Fußabdruck. Von Lydia Stöflmayr

Es muss nicht immer Meer sein: Bella Italia kann noch einiges mehr. „Das grüne Herz Italiens“, so wird Umbrien zu Recht genannt. Die Region grenzt an die Toskana, die Marken und Latium. Wild mutet die Landschaft an, die Städte und Dörfer sind reich an Kultur und Authentizität, die Menschen von entwaffnender Freundlichkeit.

Rocca Ripesena ist ein winziges Dorf in Umbrien, nahe der malerischen Stadt Orvieto. Der Blick von hier geht über das Tal, in dem der Fluss Paglia in den Tevere fließt, in der Ferne ist Orvieto zu sehen. Olivenhaine und Weinreben zeigen sich wie ein Arrangement von Zierpflanzen, so harmonisch passen sie zusammen.

Altarocca Wine Resort in Rocca Ripesena

Dass die Natur nicht nur das Auge, sondern auch andere Sinne erfreut, ist spätestens im Altarocca Wine Resort zu erleben. Ich bin auf einen Rundgang eingeladen und muss gleich merken, dass kein Foto der Realität gerecht wird. Auf 20 Hektar wird hier biologische Landwirtschaft betrieben. Die Oliven verarbeitet die eigene Ölmühle und der Wein wird direkt im Weinkeller des Hauses hergestellt.

Trauben hängen Anfang September noch üppig an den Reben. „In einer Woche geht’s mit der Ernte los“, erklärt Mariaconcetta Iovino, die Vizedirektorin des Resorts. Hier wird von Hand geerntet. Das Gelände ist gepflegt, kein Grashalm am falschen Platz, als stünden Olivenhain und Weinreben für ein Foto-shooting bereit. Mariaconcetta Iovino schaut über die Weinberge des Resorts, sie blüht auf, wenn sie von dem Zusammenspiel von Wellness und Kulinarik erzählt: „Ich liebe diese Natur“, sagt sie.

In die Hügel Umbriens geschmiegt stehen die drei Villen des Resorts, aus Tuffstein gebaut. Bei dem Material handelt es sich um Gestein vulkanischen Ursprungs, das für das Gebiet typisch ist. Seit jeher nutzt die lokale Bevölkerung es als Baumaterial. Insgesamt gibt es 37 Zimmer, drei Pools und 400 Quadratmeter Wellnessbereich. Der Energiebedarf wird, vor allem in der schönen Jahreszeit, durch mehrere Photovoltaikanlagen gedeckt. Highlight ist das private Spa. Aus Bio-Wein und Bio-Öl der eigenen Landwirtschaft wird die Kosmetiklinie des Resorts hergestellt.

Im Weinkeller erklärt der Sommelier, wie der Wein von der Rebe in die Flasche kommt. Wer mag, gönnt sich danach ein Picknick im Grünen. Das Gourmetrestaurant leitet Chefkoch Giangiacomo Blesio. Hier serviert er Regionales aus Umbrien, den besten Käse von kleinen Molkereien, das Brot wird mit der Maische aus dem Weinkeller selbst gebacken. Und dann sind da natürlich die aromatischen schwarzen Trüffel, für die diese Gegend international bekannt ist.

„Chilometro Zero“ ist das Motto, das sich durch das gesamte Resort zieht. Das „Null-Kilometer-Prinzip“ will alles aus eigener Produktion oder von Herstellern des Umlands. In Umbrien haben Regionalität und Qualität der Zutaten einen sehr hohen Stellenwert, bestätigt auch Mariaconcetta Iovino. Sie deutet auf einen großen Feigenbaum, der süß duftet: „Die Feigen sind bald reif, in ein paar Tagen liegen sie am Frühstücksbuffet. Solche Dinge gehören zu unserem Konzept von Nachhaltigkeit.“

Alles im Altarocca Wine Resort ist hausgemacht und mit Liebe zubereitet. Auch wer nicht hier nächtigt, kann das Spa genießen, im Restaurant essen oder auf der Panoramaterrasse frühstücken. Und natürlich mindestens eine Flasche Olivenöl und eine Flasche Wein einpacken, es gibt auch einen weltweiten Versand. Zu empfehlen ist insbesondere der Weißwein „Orvieto Classico“.

Orvieto

Ein Besuch der nahegelegenen Stadt Orvieto gehört zum Pflichtprogramm. Sie steht auf einem Kliff, der „Rupe“, und genießt eine einzigartige Lage, die schon die Etrusker vor 2.500 Jahren zu schätzen wussten. Zahlreiche Ausgrabungen und Museen zeugen von Orvietos langer Geschichte. Bei der Erkundung der Nekropolis Crocifisso del Tufo kann man zu den antiken Gräbern der Etrusker hinabsteigen, während im Museo Archeologico Nazionale di Orvieto mehr über das Leben der antiken Bewohner von Orvieto zu erfahren ist, die hier noch vor den Römern ansässig waren.

Viele unterschiedliche Handwerkskünstler haben in der Altstadt ihre Werkstätten und Läden eröffnet. Beim Bummeln durch die Straßen und Gassen fällt sofort auf, dass die globalisierten Ladenketten hier kaum Fuß gefasst haben. Stattdessen schmücken Keramik, Handgemachtes aus Olivenholz, Gemälde und Antiquitäten die Auslagen der lokalen Produzenten.

Umbrien gehört zu den fünf italienischen Regionen ohne Zugang zum Meer. Wer trotzdem Lust auf einen Sprung ins kühle Nass hat, der fährt zum etwa 20 Kilometer entfernten Bolsenasee, der zur Region Latium gehört.

Bolsena und der Bolsenasee

Von der Stadt Bolsena hat der Bolsenasee seinen Namen bekommen. Eine schicke Strandpromenade führt am Wasser entlang, dazwischen freie Strände mit schwarzem Sand. Sie laden dazu ein, ohne viel Aufhebens das Badetuch auszubreiten. Daneben gleiten Schwäne durchs Wasser. Die wilden Enten warten schon auf das Mittagessen, das die Touristen gerne mit ihnen teilen, wenn sie am Strand ihre mitgebrachten Brote essen. Kormorane, Reiher und Haubentaucher bleiben von den Badegästen ziemlich unbeeindruckt.

Während die Menschen am Wasser sitzen, bewohnen die Fische die imposante Festung, die über Bolsena thront. Die Rocca Monaldeschi della Cervara wurde zwischen dem 11. und 14. Jahrhundert erbaut. Hier ist ein besonderes Aquarium untergebracht. Es bringt den Besuchern die Fauna des Sees näher. Man kann den Fischen, die sonst im See schwimmen oder auf den Tellern der Restaurants und Tavernen landen, in die Augen schauen und mehr über die Biodiversität rund um den Bolsenasee erfahren.

Bolsena ist auch eine Hochburg für Camper. Zahlreiche Camping- und Stellplätze sind um den See zu finden. Da gibt es alles, vom Fünfsterneluxus bis zum spartanischen Parkplatz. Wer gut ohne Schnickschnack auskommt, wählt Camping Pineta, direkt an der Strandpromenade von Bolsena. Unter hohen Pappeln und zwischen Olivenbäumen darf sich jeder den Stellplatz selbst aussuchen, eine Reservierung braucht es nicht. Eine ideale Alternative zum Luxusresort in Rocca Ripesena für Familien und kleinere Geldbeutel.

Wenn die Fischer mit ihren kleinen Holzbooten im Bolsenasee einen guten Fang gemacht haben, dann werden später in den Restaurants auch Felchen angeboten. Der zu den Renken gehörende schlanke Lachsfisch mit silberglänzendem Körper ist eine Delikatesse hier am See und wird gerne über Holzkohle gebraten und mit Fenchelblüten aus Wildsammlung serviert. Weht jedoch der Nordwind, die Tramontana, dann müssen alle für einige Tage auf ihren Fisch verzichten, bis das Wetter wieder passt. Diese Verbundenheit mit der Natur, Saisonalität und Regionalität sind Selbstverständlichkeiten – nicht nur im Luxusresort.


Teilen auf:
Facebook Twitter