GEMEINSAM KLIMANEUTRAL
Nach einem Vortrag beim Forum Alpbach von Prof. Franz Josef Radermacher, einem der gefragtesten Experten zum Thema Globalisierung und Nachhaltigkeit, machten sich zehn der namhaften Unternehmer Vorarlbergs gemeinsam mit ihm auf den Weg, um das Klimaneutralitätsbündnis 2025 an den Start zu bringen.
Von Daniela Egger
Foto Sarah Mistura
Die Devise des Professors lautet, dass die Klimaerwärmung zu stoppen wäre, wenn sich Unternehmen freiwillig gemeinsam mit Privatpersonen engagieren. Zunächst setzten sich die Gründungsmitglieder zum Ziel, ihre Unternehmen bis 2025 klimaneutral auszurichten, dazu gehört eine wirklich umfassende Messung der CO2-Emissionen ihrer Unternehmen. Sie wollten belastbare Werte, auf deren Basis sich gezielte Maßnahmen festlegen lassen. Im zweiten Schritt soll die Reduktion der Emissionen in den Betrieben vor Ort in die Wege geleitet werden, und zuletzt werden nicht vermeidbare Emissionen durch die Unterstützung von sozialen und hochwertigen Klimaschutzprojekten ausgeglichen. Seit 2013 sind die illwerke vkw mit der Projektkoordination betraut, derzeit sind ca. 150 Bündnispartner dabei, ihre Betriebe mit Beratung und Begleitung der Bündnispartner umzustellen. Die meisten der Gründungsmitglieder sind längst am Ziel, andere brauchen noch etwas Zeit, und die Erfahrungen und das Wissen, die sie dabei gesammelt haben, ersparen den neuen Organisationen und Betrieben viele Umwege.
„Die Bandbreite ist groß, wir konnten im letzten Jahr über 60.000 Tonnen gemeinsam kompensieren. Unser exklusiver Partner ist myclimate, eine Schweizer Stiftung mit hohem Know-how und wirkungsvollen Projekten. Unsere Investitionen aus den Kompensationsgeldern müssen einerseits Projekte ermöglichen, die es ohne dieses Geld nicht gegeben hätte, und zweitens in Entwicklungsländern langfristig Infrastruktur und Perspektiven aufbauen. So schaffen unsere relativ hohen Emissionswerte einen wertvollen Mehrwert“, sagt Anna Maierhofer, Projektkoordinatorin des Klimaneutralitätsbündnis 2025 mit Sitz bei der illwerke vkw.
Zukunft heißt teilen und vertrauen
Einer dieser Gründungsmitglieder ist ein Visionär, der bereits mehrfach bewiesen hat, dass sich auch das Unmögliche realisieren lässt. Hubert Rhomberg behauptet sich mit Cree by Rhomberg, einer Tochter von Rhomberg Bau, mit ungewöhnlichen Innovationen in einem Geschäftsfeld, das für einen hohen CO2-Ausstoß bekannt ist.
Es sind die treibenden Köpfe großer Unternehmen, die immer einen Schritt weiter sein müssen, um für die Zukunft gerüstet zu sein. In der Baubranche werden zahlreiche Stoffe verwendet, deren Herstellung eine Belastung für die Umwelt darstellen. Hubert Rhomberg lässt allerdings seit vielen Jahren mit Projekten aufhorchen, die diese Annahme Lügen strafen. Unter dem Firmennamen Cree entwickelten seine klügsten Köpfe beispielsweise ein Holzhybrid-Hochhaus, das bis zur Eröffnung im Jahr 2012 als nicht umsetzbar galt. Der LifeCycle Tower One stellt den Beginn einer neuen Bau-Ära dar, die inzwischen weltweit an den Start geht. Acht Stockwerke aus Holz-Beton-Verbund, die mit 80% CO2-Reduktion neue Maßstäbe setzt und dem Cradle to Cradle-Prinzip folgt – das Projekt startet derzeit bereits ins nächste Level, die acht Stockwerke sind noch keineswegs das Limit.
„Ressourceneffizienz hat sicher eine Schlüsselrolle unserer Zeit. Das Problem ist, dass wir oft zu früh sind mit unseren Innovationen und deshalb mit Gesetzen und Behörden zu kämpfen haben, anstatt uns auf die Umsetzung konzentrieren zu können. Wir stellen unsere Entwicklungen auf einer Plattform zur Verfügung, machen Lizenzverträge unter der Bedingung, dass auch unsere Partner ihr Wissen wieder mit allen teilen – und wir vertrauen einander und unterstützen uns gegenseitig. Das ist der einzige Weg, wenn wir heute als globale Gemeinschaft eine reale Chance haben wollen“, sagt Hubert Rhomberg und beschreibt seine Zukunftsmodelle für CO2-neutrales Wohnen und die dazu passende Mobilität. „Es liegt nicht daran, dass es zu wenig Ideen und machbare Entwicklungen gibt – wir müssen nur klare Entscheidungen treffen, wohin wir unsere Energie richten wollen. Eine Forderung, die wir an die Politik stellen können und müssen, ist die Überwindung der Bürokratie – wenn ich in der Schweiz eine Baugenehmigung habe, und das Gebäude offensichtlich funktioniert, dann möchte ich nicht in Österreich die gesamte Überzeugungsarbeit noch einmal leisten müssen. Wir verlieren zu viel Zeit mit solchen Umwegen.“
Zukunftsmodell Boat People
Ein neues Projekt entwickelt Wohnraum für die vielen Menschen, die aufgrund des steigenden Meeresspiegels neue Lösungen brauchen. „Unsere größte Herausforderung ist es schon jetzt, Bauland zu finden, daher haben wir diesen Aspekt aus der Gleichung gestrichen – das Problem wird in Zukunft nicht mehr zu lösen sein. Wir konstruieren schwimmende Plattformen, bestehend aus Holzhybridkonstruktionen mit Kautschukbeschichtung, auf denen man wohnen und arbeiten kann. Diese Inseln sind weitgehend autark, sie erzeugen Energie und bieten Anbauflächen für Nahrung – derzeit planen wir in Kooperation mit der Cambridge University den Bau einer Prototype auf dem Bodensee. Da sollen Studenten und Wissenschaftler wohnen und forschen können“, erzählt er mit einer Überzeugungskraft, die keine Zweifel offen lässt – die Wohnformen der Zukunft können gerade wegen der aktuellen Herausforderungen auf ein vollkommen neues Level wachsen.
Prognosen oder Perspektiven
Im selben Jahr, als sich die Initiative der zehn führenden Unternehmer Vorarlbergs für weitere Bündnispartner geöffnet hat, verabschiedete die UNO 17 Nachhaltigkeitsziele, deren Erreichung alle 193 Mitgliedstaaten unterzeichnet haben – die darin formulierten Maßnahmen müssen weltweit greifen, um die 1,5 Grad Erderwärmung noch einhalten zu können und die schlimmsten Veränderungen abzufangen. Das Klimaneutralitätsbündnis der Vorarlberger Wirtschaftstreibenden leistet mit dem gesammelten Know-how wesentliche Beiträge zur Umsetzung von 15 dieser Nachhaltigkeitsziele der UNO. Zu Beginn wirkte das Klimaneutralitätsbündnis als Impuls in die Vorarlberger Unternehmenskultur, der seither immer weitere Kreise zieht. Rhomberg Bau hat, wie auch seine Gründungspartner, ernst gemacht und in vielen Bereichen zukunftsfähige Konzepte entwickelt, andere ziehen mit oder folgen nach. Daran hängen auch wesentliche Wettbewerbsfragen – die besten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bekommt heute derjenige, der Arbeit mit Sinn und echten Herausforderungen anbieten kann. Der neue Geist des Miteinanders hat auf dieser Ebene längst Einzug gehalten.