Green Investment

Die grüne Ampel
Von Thomas Martinek

Wohin nachhaltige Investments fließen, muss klar und objektiv nachvollziehbar sein. Sonst verspielen Banken und Fondsgesellschaften das Vertrauen der Anleger.

Nachhaltiges Veranlagen ist mit Sicherheit eine der wesentlichen Entwicklungen am Kapitalmarkt dieses Jahrzehnts. Die EU-Kommission will mit ihrem Aktionsplan zur Finanzierung von nachhaltigem Wachstum eine gewaltige Umlenkung von Kapitalströmen zur Rettung der Umwelt und zum Wohl der Wirtschaft erzielen. Mit nachhaltigen Veranlagungen werden bei Unternehmen Maßnahmen zur Verringerung des CO2-Ausstoßes, andere Investitionen zur Verbesserung des Umweltschutzes oder für Menschen an ihrem Arbeitsplatz finanziert.
Die große Zauberformel dafür lautet ESG – Ecological, Social und Governance. Fondsgesellschaften und Investoren sollen bei den Unternehmen, deren Aktien sie für ihre Anleger kaufen oder an denen sie sich beteiligen, besonders darauf achten, dass das Management auch tatsächlich im Sinne dieser drei Nachhaltigkeitskriterien handelt.
Der Grund, warum es so handeln sollte, ist bestechend logisch und einfach: Unternehmen, die verstärkt in Maßnahmen zur Umweltverbesserung, Reduzierung des CO2-Ausstoßes, Senkung des Energiebedarfs oder auch in die Verbesserung der Arbeitssituation ihrer Mitarbeiter investieren, werden dadurch wettbewerbsfähiger. Für Investoren werden nachhaltig agierende Unternehmen also attraktiver. Und gerade in und nach der Covid 19-Krise wird ein verantwortungsvoller Umgang mit Menschen und der Umwelt in jeder Hinsicht wichtig und auch lohnend sein. Doch so klar das Konzept auch ist, der Weg von Brown zu Green Investing, also von klassischem zu nachhaltigem Investieren, ist für Anleger, aber auch Unternehmer noch mit vielen Unsicherheiten verbunden.
Denn Nachhaltigkeit ist zum Modebegriff geworden. Vor allem in der Finanzbranche. Es gibt nachhaltige Sparbücher, nachhaltige Girokonten, nachhaltiges Gold, nachhaltige Diamanten, nachhaltige Anleihen- und Aktienfonds sowieso. Fast jede Art von Geldanlage trägt mittlerweile einen grünen Mantel.
Die steigende Nachfrage nach nachhaltigen Investmentmöglichkeiten, nicht nur von institutionellen Investoren, sondern zunehmend auch verstärkt von Privatanlegern, hat aber nicht nur immer mehr entsprechende Anlageprodukte, sondern auch eine bunte Vielfalt an Ökoratingagenturen oder grünen Gütesiegeln hervorgebracht, die belegen wollen, wie nachhaltig die Veranlagung wirklich ist. Dass das Geld der Sparer auch wirklich als Kredit zur Verbesserung von Wärmedämmung weitergegeben wird. Dass Gold und Diamanten in Minen nicht von Kindern und unter menschenwürdigen Arbeitsbedingungen abgebaut werden. Oder dass das Kapital aus Investmentfonds nicht in Rüstungsunternehmen fließt.
Doch wirklich klar und eindeutig sind diese Öko-Ratings und Grün-Gütesiegel nicht. Es mangelt noch immer an wirklich aussagekräftigen, vergleichbaren und nachprüfbaren Daten und Fakten, wie nachhaltig die als solche bezeichneten Anlageformen auch wirklich sind. Die OECD hat das in ihrem kürzlich veröffentlichten „Unternehmens- und Finanzausblick“ klar thematisiert. „Die unzureichende Datengrundlage erschwert eine sorgfältige Prüfung beim Kauf nachhaltiger Investmentprodukte und die Ausrichtung auf eine langfristige Wertschöpfung. Kapitalanlagen können jedoch nur dann Verbesserungen bei ökologischen, sozialen und Governance-Aspekten bewirken, wenn die Investoren über die nötigen Instrumente und Informationen verfügen“, heißt es in dem OECD-Bericht.
Wirft man einen Blick in die Portfolios der meisten „nachhaltigen“ Investmentfonds, wird die Kritik der OECD nachvollziehbar. Von Technologie-Aktien über Versicherungs-Werte bis hin zu den Titeln großer Nahrungsmittelkonzerne ist hier alles vertreten, was nicht unbedingt mit Umweltzerstörung, Ausbeutung und Korruption in Zusammenhang gebracht werden kann. Mit einem nachhaltigen Wirtschaften aber auch nicht.
Um wirklich Klarheit für Anleger, die ihre Investments nach ökologischen Kriterien treffen wollen, zu schaffen, bräuchte es verlässliche Regeln. Eine grüne Ampel, die von hell bis dunkelgrün zeigt, wie nachhaltig ein Fonds oder eine Anleihe wirklich ist. Regierungen und Aufsichtsbehörden müssten sich dazu bei den Marktteilnehmern dafür einsetzen, die Datengrundlage für nachhaltige Kapitalanlagen zu verbessern. Allgemein anerkannte globale Grundsätze und Leitlinien für einheitliche, vergleichbare und nachprüfbare Daten für nachhaltige Anlageprodukte müssten geschaffen werden. Nur so könnten Investoren die Leistung der Unternehmen richtig bewerten. Dadurch ließen sich Anlageziele – etwa eine Begrenzung der CO2-Emissionen im Portfolio – wirklich umsetzen. Die gegenwärtigen Verfahren eignen sich nur bedingt, um die Klimakrise zu bewältigen und das Finanzsystem umweltverträglicher zu gestalten. Obwohl das für Investoren und Umwelt immer wichtiger wird.



Thomas Martinek ist langjähriger Leiter des Finanzressorts im Wirtschaftsmagazin trend.



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