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Lehnstuhl Design von Nigel Coates für Gebrüder Thonet Vienna. Foto Gebrüder Thonet Vienna

Von Tina Schneider-Rading

Das Wiener Geflecht aus den geflochtenen Fasern der Rattanpalme gilt als eine der nachhaltigsten Handwerkstechniken im Möbelbau. Es wird seit dem späten 18. Jahrhundert eingesetzt – und ist unter Gestaltern heute so aktuell wie nie. Die Interior Designerin Carolin Stephan erklärt warum.

Interior Designerin
Carolin Stephan

Warum ist Wiener Geflecht gerade so angesagt?
Carolin Stephan: Es ist ein klassisches und zeitloses Material, robust und trotzdem leicht. Im Interior Design wie in der Mode besinnen wir uns auf Gutes aus der Vergangenheit und interpretieren es dem Zeitgeist entsprechend. Besonders bei einer minimalistischen Formensprache verleiht dieses Material einem neuen Entwurf Poesie – ohne altbacken oder aufdringlich daherzukommen.


Was macht Wiener Geflecht für Sie als Interior Designerin so reizvoll?

Mein Anspruch an Design und Oberflächen ist, dass die Materialien in Würde altern dürfen und mit den Jahren an Schönheit gewinnen. Das Wiener Geflecht ist vielseitig einsetzbar: als Stuhlbespannung, in Möbelfronten und Lampenschirmen, für Bettkopfteile. Solange es Korbflechter gibt, die ihr Handwerk verstehen, können die Objekte gut restauriert werden. Das Peddigrohr ist ein schnell wachsender Rohstoff, es belastet unsere Umwelt nicht. Und ehrlich gesagt: Ich liebe das typische achteckige Flechtmuster!


Welches aktuelle Möbelstück hat Sie in letzter Zeit am meisten überrascht?
Ein totemartiges Objekt der Gebrüder Thonet Vienna, entworfen von Storagemilano. Es besteht aus geometrischen Kuben, die symmetrisch überlagert sind. Sie werden an die Wand gehängt, jeder Kubus hat eine bestimmte Funktion: als Schublade, Tür mit Fächern und sogar als Schreibtisch. Dieses Möbel vereint für mich Kunstanspruch und Nutzbarkeit – es passt perfekt zu unseren wechselnden Anforderungen ans Wohnen, Arbeiten und Leben.


In welchen Wohnsituationen macht Wiener Geflecht eine besonders gute Figur?
In einem sehr modernen Projekt habe ich einen alten Thonet-Hocker mit einer Glasplatte versehen und neben der skulpturalen Liege des brasilianischen Architekten Oscar Niemeyer platziert. Und in einen Raumtrenner von Baxter habe ich geflochtene Regalböden einsetzen lassen. Ich finde, Wiener Geflecht passt zu jedem Wohnstil. Es kommt nur auf die Dosis und die Kombination an. Zu viel in einem Stil ist nie spannend, das wird schnell geschmacklos. Ich schaffe lieber Brüche und Provokation.


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