Ihr Kampf gegen Windräder

Foto: Ursula Röck

Kolumne von Sarah Kleiner

Manche Geschehnisse lassen sich ja erst im Rückblick in ihrer gesamten Absurdität erfassen. Die Rechtspopulisten sind ihrer Rolle als vermeintliche Verfechter der direkten Demokratie wieder auf erstaunlich untalentierte und kostspielige Weise nachgekommen. „Soll zum Schutz der Kärntner Natur (einschließlich des Landschaftsbildes) die Errichtung weiterer Windkraftanlagen auf Bergen und Almen in Kärnten landesgesetzlich verboten werden?“ Diese Frage waren die Kärntnerinnen und Kärntner im Rahmen einer Volksbefragung im Jänner aufgerufen zu beantworten. Also – wollen Sie die Natur schützen oder nicht?

Vergangenen Sommer waren die Initiatoren der Befragung – die FPÖ und Teile des ebenso rechtspopulistischen Team Kärnten – schon mit einer Fragestellung am Verfassungsdienst des Landes abgeblitzt. Ursprünglich sollte es heißen: „Sollen die Kärntner Berge vor der Errichtung weiterer Windkraftindustrieanlagen geschützt werden?“ Die Behörde urteilte, die Fragestellung sei nicht gesetzeskonform, es handle sich um eine Suggestivfrage und durch das Wort „schützen“ würde eine Bewertung vorgenommen. Funfact: Auch die Gesetzeskonformität der schlussendlich gewählten Formulierung ist nicht sicher. Eine Wiener Kanzlei hat im Februar eine Anfechtung der Volksbefragung beim Verfassungsgerichtshof eingebracht – denn: Die Fragestellung sei suggestiv gewesen.
In der politischen Kommunikation betonte das Team Kärnten im Vorfeld der Befragung, dass diese der Vermeidung eines „Wildwuchses“ beim Bau von Windkraftanlagen gelte. Die Treffsicherheit des Begriffs ließe sich angesichts von 0,26 Prozent Landesfläche, die sich laut Windkraftverordnung überhaupt für den Bau eignen, und 14 in Betrieb befindlichen sowie 32 weiteren genehmigten Anlagen ebenfalls diskutieren.

Ein gutes Drittel der 430.000 Wahlberechtigten gab jedenfalls eine Stimme ab. Rund 52 Prozent waren für das Verbot (also gegen Windräder) und 48 Prozent dagegen (also dafür). So weit, so uneindeutig. Der Landesverfassungsdienst verlautbarte dann kurz nach der Befragung, dass ein landesweites Totalverbot von Windkraftanlagen mit dem Unionsrecht nicht vereinbar – also de facto nicht umsetzbar – sei. Und laut UVP-Behörde könne auch in laufende Genehmigungsverfahren nicht eingegriffen werden. Die 1,2 Millionen Euro Steuergeld, die der direktdemokratische Spaß gekostet hat, waren da aber schon in den Wind geschossen.

Schließlich legten die im Landtag vertretenen Parteien FPÖ, ÖVP, SPÖ und Team Kärnten auf Basis des laschen Ergebnisses trotzdem einen Entwurf für ein neues Raumordnungsgesetz vor, das kürzlich im Landtag beschlossen wurde und das den Ausbau der Windkraft stark beschränkt. Als einen „Kniefall vor der FPÖ“ bezeichnete das etwa die Grüne Landessprecherin Olga Voglauer und man ist versucht, ihr zuzustimmen. Anträge für neue Anlagen sind nun vorerst bis Februar 2026 nicht möglich, und Windräder über 1.800 Metern Seehöhe, in der alpinen Zone, sind verboten.
Lassen Sie mich an dieser Stelle bitte etwas klarstellen: So gut wie niemand findet Windkraftanlagen wirklich schön. Niemand bestreitet, dass es anmutigere Aussichten als eine mit riesigen weißen Mercedessternen durchsetzte Landschaft gibt. Aber: Hätte die Menschheit basierend auf dieser Überlegung – schön oder „schirch“ – große zivilisatorische Entscheidungen getroffen, dann hätten wir heute weder Strommasten noch Autobahnen.
Erneuerbare Energien sind günstig und Sonne und Wind in unendlichen Mengen vorhanden. Ein Ausbau ist vernünftig – sowohl ökologisch als auch standorttechnisch – und notwendig, um die europäischen Klimaziele zu erreichen. Aber immerhin bot das Spektakel den Rechten wieder eine Möglichkeit, Vertreter der direkten Demokratie – der Interessen der Mehrheit – zu spielen.
Die einfachste Methode, Windräder zu vermeiden, wäre übrigens, den Stromverbrauch zu senken. Ein sparsamer, konsumarmer Lebensstil also, reich an Naturerlebnissen und viel Ökoverliebtheit. Vielleicht oben auf einer Alm, ohne Strom und fließend Wasser. Dann könnte man sich zurücklehnen und in Ruhe zusehen, wie die vom Borkenkäfer zerfressenen Wälder langsam im Hitzesommer verdorren, und sich einreden, man hätte mit einem Windkraftverbot ja etwas für den Naturschutz getan.

Sarah Kleiner lebt und arbeitet als Journalistin in Wien.


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