Kolumne

Rubina Möhrig

Klimaschutz auf dem Abstellgleis?

Von Rubina Möhring

Wer hatte die Nase vorn beim Abwägen bisher entstandener und künftig vielleicht entstehenden Kosten für die Folgen der Pandemie Covid-19 im Vergleich mit Klimaschutzmaßnahmen? In Österreich war dies nach der ersten Corona-Welle Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner. Einer musste ja den ersten Schritt wagen. Sein klares Statement war: Entweder ein Corona-Paket als ökonomische Finanzspritze oder vermehrte Ausgaben für den ökologischen Klimaschutz. Wallners grüner Regierungspartner und Vize, Johannes Rauch, protestierte lautstark. Das war es dann auch schon.  Ähnliches könnte auch für die türkis-grüne Regierung auf Bundesebene gelten. Alles in allem wirken die grünen Proteste innerhalb der Regierungskoalitionen redlich, zugleich jedoch irgendwie auch wie sich kräuselnde Wellen in zu groß geratenen Wassergläsern.

Bemerkenswert und tröstlich waren zu Beginn der Schutzmaßnahmen in Sachen Corona-Pandemie die umweltfreundlichen Bilder aus mancherlei Ländern Europas. Die angeblich im Hafen von Neapel aufgetauchten Delphine stellten sich schließlich als Falschmeldung heraus, trotzdem nette Fake News. Wie auch immer: All dies waren positive Corona-Meldungen im Sinne des Klimaschutzes: Über Europa saubere Himmel ohne Kerosinstreifen, weniger Feinstaub in städtischen Straßennetzen, klare Sternensicht bis hin zur Milchstraße anstelle mil-chig-nebeliger Himmelssichten  usw. usw. usw. Corona machte all dies möglich und stärkte so – dank entsprechender Berichterstattung – unser ökologische Bewusstsein. Inzwischen kam eine Kurzmeldung, dass all diese Wendungen zum Öko-Guten nicht nachhaltig sein werden. Der Menschen wegen. 

Corona, exakt das Virus Covid-19, sei nicht nur eine fatale, todbringende Virus-Pandemie, Covid-19 diene auch dem bisher vernachlässigten Klimaschutz, war die via Medien subkutan verbreitete Message solcher Meldungen, solcher Bilder. Sozusagen als psychosozialer Muntermacher für all jene, denen in häuslicher Isolation samt Kurzarbeit im Homeoffice, manchmal noch dazu belagert von gelangweilten Kindern, die Decke auf den Kopf zu fallen drohte. Nun, so hofften viele, werde endlich auch sinnvoll mehr in den Klimaschutz investiert. Warum? Weil gerade auch in diesen Corona-Wochen sichtbar wurde, dass das notwendig ist.

Oder doch nicht? Kaum war in diesem Frühjahr die Corona-Krise abgeflaut, meldeten sich primär wirtschaftsorientierte Politiker zu Wort, siehe oben. Diese Denke ist auch in den Gemäuern des Ballhausplatzes zuhause. Der Vorarlberger Vorstoß könnte also durchaus auch ein gezielter, politischer Probegalopp gewesen sein.  Ist also der Klimaschutz wieder einmal auf dem Abstellgleis gelandet?

Gut zwei Jahre ist es her, dass der damalige schwedische Teenager Greta Thunberg die internationale Klimaschutz-Bewegung „Friday for Future“ ins Leben gerufen hatte. Wöchentlich demonstrierten daraufhin nahezu weltweit Schülerinnen und Schüler freitags für den Klimaschutz.

Greta Thunberg hatte damals einen Wirbelsturm in Sachen Klimaschutz provoziert und wurde daraufhin 2019 mit dem alternativen Nobelpreis ausgezeichnet.  Inzwischen ist sie nicht mehr sichtbar. Sehr klug hat sie sich aus dem internationalen Rampenlicht zurückgezogen, um wieder in die Schule zu gehen und diese zu beenden. Ich bin sicher, sie wird uns wieder begegnen.

Greta Thunberg hatte ihre Initiative gestartet, um ihr Heimatland Schweden dazu zu bringen, die Pariser Klima-Vereinbarungen einzuhalten. In diesem 2015 vereinbarten internationalen Abkommen wurde beschlossen, die Erderwärmung durch entsprechende nationale Maßnahmen zu drosseln. Das war vor fünf Jahren. Geschehen ist in dieser Hinsicht weder national noch international beeindruckend viel. Im Gegenteil. Heute, nur fünf Jahre später, ereilen uns Nachrichten wie „Extreme Affenhitze in Europa“, Waldbrände sogar in Sibirien, Sturzflutartige Hochwasser nahezu überall auf der Welt.

Göttin sei Dank, Gott sei Dank sind all diese jüngsten globalen Klimawechsel-Phänomena ganz weit weg von Österreich. Ganz nah hingegen sind die jüngsten Unwetterkatas-trophen in unserem Land selbst. Auch dies sind Folgen des globalen Klimawandels. Auch bei uns in Österreich ist Klimaschutz ein vorrangiges Gebot.

„Klappe zu – Affe tot“ hieß es einst und heißt es vielleicht sogar noch immer in der Zirkuswelt, wenn ein Affe gestorben war. Inzwischen wird diese Bild für schnell geschlossene Entscheidungen verwendet. „Nichts sehen, nichts hören, nicht sagen“ – das Bild des entsprechenden Affentrios ist weltweit ein wohlbekanntes Synonym für kleingeistige Ignoranz. Ihren Ursprung haben sie übrigens in einem japanischen Sprichwort und stehen für den Umgang mit Schlechtem. In Sachen Klimaschutz stehen wir offenbar wieder diesen drei Affen gegenüber.  Sie bleiben uns wohl noch eine Weile erhalten. Hoffentlich nicht so lange, bis es zu spät ist. Möge also die Klimaschutz-Übung trotzdem gemeinsam gelingen.  Auch die EU peilt ja einen Green Deal an. Oder?  

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Dr. Rubina Möhring

Historikerin, Publizistin. Präsidentin der Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen Österreich. Zuvor ORF-Journalistin und leitende Redakteurin bei ORF 3sat, verantwortlich für Kultur und Wissenschaft. Langjährige Universitätslektorin an den Universitäten Wien, Innsbruck, Krems. Autorin zahlreicher Publikationen und Artikel zu gesellschafts- und medienpolitischen Themen. Ausgezeichnet mit dem goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich.

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