Mein Wunsch

Unlängst sagte jemand zu mir, fast im Vorrübergehen: „Ah schau, ein Spatz. Wie schön, dass es Spatzen gibt. Genauso könnte sie es nicht mehr geben.“ Schön für den Spatz, dass es ihn gibt und schön für uns, die wir Spatzen betrachten und an ihrem Wesen teilhaben können. Wer so spricht, wird vielleicht manchmal selbst ein Spatz; ein Tier, ein Vogel, eine Pflanze oder ein Mensch. Umso wichtiger über das Vorrübergehende zu sprechen. Es ist keine Selbstverständlichkeit mehr, dass es Spatzen gibt und das Gleiche könnte ich über viele andere Dinge auch sagen, über Eschen zum Beispiel, die in ganz Europa dabei sind zu sterben. Oder Flechtenbärchen, Spatzenzunge, die blutrote Blattzikade, machtlose Lebewesen, die am empfindlichsten auf Veränderungen in ihrer Umgebung reagieren, und deswegen vielleicht schneller verschwinden werden, noch bevor jemand sich darüber freuen konnte, dass es sie gibt. Es ist leicht so zu tun, als wäre die Welt, wie sie ist, schon immer so gewesen oder würde für immer so sein, aber selbstverständlich ist es nicht. Wir vergessen zu oft, dass wir Spatzen sind, dass wir unter den Dingen gehen, die vorübergehen. Und was würden wir sein, wenn es keine Spatzen oder Eschen mehr gäbe? Das Verarmen der Erde macht uns alle ärmer, aber vielleicht sind unsere Leben gewöhnlicherweise zu kurz, um das zu lernen. Nur haben wir ja gerade das Glück, in einer Zeit zu leben, in der wir das Verarmen der Erde am eigenen Leib zu spüren bekommen, und mit noch etwas mehr Glück sogar die Möglichkeit, daran rechtzeitig etwas zu ändern. Zum Beispiel indem wir begreifen, dass die Welt nicht immer so war, wie wir sie gewohnt sind, und es deswegen auch nicht unausweichlich ist, dass sie so bleibt, wie sie ist, bis zum bitteren Ende. Und so sind gesellschaftliche Veränderungen, die Suche nach neuen Energiequellen und Produktionsmethoden, die uns nicht mehr abhängig machen von der Ausbeutung der Umwelt und anderer Menschen, nicht nur nötig, sondern unsere einzige Möglichkeit, wenn wir uns wünschen, dass Spatzen, Tiere, Vögel, Pflanzen, aber auch die Menschen weiter existieren können. Aber, wie gesagt, selbstverständlich ist das nicht.
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