Mit „grünem Methanol“aus der Wüste das Klima retten
Frank Obrist vor dem ehemaligen Felix-Wankel-Firmengebäude, in dem er zu nachhaltigen Technologien forscht.
Der Vorarlberger Erfinder und Unternehmer Frank Obrist hat mit seiner „Obrist Group“ Gigantisches vor. Mithilfe von riesigen Solarparks entlang des globalen Sonnengürtels soll in großem Stil „grünes Methanol“ erzeugt werden, das fossile Brennstoffe ablöst und den Klimawandel eindämmt.
Text Karlheinz Pichler, Fotos Miro Kuzmanovic
Den Berechnungen der Datenplattform „Statista Research“ zufolge nimmt der weltweite Ausstoß von Kohlenstoffdioxid (CO2) seit 1960 kontinuierlich zu und erreichte im Jahr 2022 einen Wert von knapp 37,2 Milliarden Tonnen. Und laut Prognose soll die emittierte Menge trotz gegenläufiger Maßnahmen bis zum Jahr 2050 auf bis zu 42,8 Milliarden Tonnen steigen. Für den in Dornbirn geborenen und in Bregenz lebenden Erfinder und Unternehmer Frank Obrist ist das ein nicht zu akzeptierender Zustand, denn als Treibhausgas ist CO2 maßgeblich für die Klimaerwärmung verantwortlich. Der Mensch habe es binnen hundert Jahren geschafft, mit seinem CO2-Verbrauch die Welt an den Rand des Abgrunds zu führen. „Die nächsten hundert Jahre müssen wir danach trachten, CO2-negativ und klimapositiv zu werden, um unsere Erde für die uns nachfolgenden Generationen zu retten“, so der Gründer der „Obrist Group“, der davon überzeugt ist, das Rezept zur Klima-Rettung gefunden zu haben.
„Gigaplants“ entlang des Sonnengürtels
Dieses Rezept sieht den Bau sogenannter „Gigaplants“ in sonnenreichen Regionen vor, wie etwa in Namibia, Ägypten, Australien, Mexiko oder den USA. Basis einer solchen Anlage ist ein Photovoltaik-Park, der sich über eine Grundfläche von 280 Quadratkilometern erstreckt. Zum Vergleich: Die Stadt München nimmt eine Fläche von 310 Quadratkilometern ein.
Der Strom, der mithilfe der Solarzellen erzeugt wird – die in bislang nie gekannter Vielzahl installiert werden müssen –, soll zur Herstellung von jährlich fast vier Millionen Tonnen Methanol genutzt werden. Dies entspräche bei heutigen Energiepreisen einem Umsatzvolumen von etwa 4,3 Milliarden US-Dollar pro Jahr, betont Frank Obrist. Die jährlichen Betriebskosten einer solchen „Gigaplant“ beziffert er mit 340 Millionen Dollar, sodass ein Bruttogewinn von beinahe 4 Milliarden Dollar im Jahr verbliebe. Die Baukosten für eine „Gigaplant“ kalkuliert Obrist auf 18,6 Milliarden Dollar. Demnach wäre so eine Anlage in weniger als fünf Jahren amortisiert. Um die Welt zur Gänze von fossilen Rohstoffen zu befreien, genügten 2.700 solcher Anlagen, was eine Bauinvestition von gut 50 Billionen Dollar erfordern würde. „Das ist zwar eine gewaltige Summe“, räumt Frank Obrist ein, „aber angesichts eines weltweiten Umsatzes von etwa acht Billionen Dollar jährlich mit fossilen Brennstoffen keine Utopie.“ Die benötigte Fläche läge bei 756.000 Quadratkilometern, was weniger als einem Zehntel der Sahara entspräche.
Die in diesen gigantischen Solarparks gewonnene Elektrizität wird vor Ort zur Elektrolyse genutzt, um aus Wasser im ersten Schritt Wasserstoff und aus diesem im zweiten Schritt Methanol zu erzeugen. Das Argument, dass der für dieses Verfahren benötigte Energieaufwand zu hoch sei, wird dadurch entkräftet, dass rund um den Äquator die für die Herstellung notwendige Solarenergie im Überfluss vorhanden ist. Das für die Wasserstoffproduktion benötigte Wasser wird bei dem Verfahren aus der Luft gewonnen. Selbst in Wüstengebieten sei die Luftfeuchtigkeit dafür ausreichend, betont Obrist.
Methanol ist bei Normaltemperatur flüssig und lässt sich über alle Transportwege und Infrastrukturen, die heute bereits für fossile Brennstoffe vorhanden sind, transportieren. Also Pipelines, Tankschiffe und Tank-LKWs. Ein weiteres Argument, das für „grünes Methanol“ spricht. „Atmospheric Fuel“, kurz „aFuel“, wie Obrist dieses „grüne Methanol“ patentieren ließ, könne nicht nur den Individualverkehr in Bewegung halten, sondern es habe generell das Potenzial für die globale Energiewende. So soll eine „Gigaplant“ pro Jahr netto mehr als 6,2 Milliarden Tonnen an Kohlendioxid (CO2) aus der Atmosphäre entfernen. Damit arbeite die gigantische Energiefabrik im großen Stil CO2-negativ. „Es wird mehr CO2 aus der Atmosphäre geholt, als später bei der Nutzung des synthetischen Kraftstoffs Methanol abgegeben wird. Experten sprechen von Direct Air Capture (DAC)“, so Obrist. Ab 2050, dem erwarteten Peak des globalen CO2-Ausstoßes, könne durch die „Gigaplants“ der CO2-Gehalt in der Atmosphäre sukzessive reduziert und bis 2150 wieder auf den von 1950 zurückgeführt werden, laut seinen Berechnungen.
Was die Wirtschaftlichkeit einer „Gigaplant“ zusätzlich steigert, ist, dass als Nebeneffekt rund 228.000 Tonnen Kohlenstoff im Jahr entstehen, aus dem sich Kohlenstofffasern oder Kunststoffe herstellen lassen. Zudem kämen dem Klima die über 6,5 Millionen Tonnen Sauerstoff zugute, die bei der Methanolproduktion in jedem Jahr in die Atmosphäre abgegeben würden, so Obrist.
Ein neuer Mark Zuckerberg?
Die „Obrist Group“ hat ihren Hauptstandort in Lustenau. Das Forschungszentrum für Nachhaltigkeit des Unternehmens befindet sich seit 2022 in Lindau im ehemaligen Felix-Wankel-Institut. Für Frank Obrist bedeutet dies eine Rückkehr zu seinen Wurzeln. Mit 21 Jahren, den HTL-Abschluss für Maschinenbau in der Tasche, habe er hier seinen ersten Job angetreten und sei bereits im ersten Jahr seiner Tätigkeit als junger Konstrukteur bei einer wichtigen Erfindung mit an Bord gewesen. Dass er das Gebäude habe übernehmen können, sei ein Glücksfall gewesen. Mit „Obrist Technologies“ forscht er hier nun seit zwei Jahren an klimapositiven Technologien.
Sein Großprojekt, die „Gigaplants“, sei die erste Lösung, die globale Klimaerwärmung zu stoppen, betont der Tüftler, der sich aufgrund seines Erfindungsreichtums bereits über 200 Patente sichern konnte. Noch im Laufe dieses Jahres soll eine Demo-Plant neben dem Flughafen Berlin-Brandenburg seine grüne Innovation allgemein sichtbar machen.
Auf die Frage, ob er der künftige Mark Zuckerberg oder Elon Musk sei, erwidert er, dass seine Erfindung dem Klima und damit der Allgemeinheit zugutekäme und nicht einer Einzelperson.
Obrist Group
Die von dem Erfinder und Unternehmer Frank Obrist gegründete „Obrist Group“ ist auf Innovationen für globale, nachhaltige und CO2-neutrale Energiekonzepte spezialisiert. Das Spek-trum reicht von der weltweiten Versorgung mit erneuerbaren Energien über „Atmospheric Fuels“ (aFuels) bis hin zu CO2-neutralen Antriebskonzepten für die Automobilindustrie. Mit über 200 Patenten gehört die „Obrist Group“ zu den weltweit wichtigsten Innovatoren auf dem Gebiet nachhaltiger Energiekonzepte.
Obrists Konzept der „Gigaplants“ wird auch von den Vereinten Nationen unterstützt. So hat es die „United Nations Industrial Development Organization“ (Unido) kürzlich als „The Most Promising Solution Award Winner in Energy Efficiency Category“ ausgezeichnet.
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