Netzwerk für Klimagerechtigkeit

Malawi. Gemeindemitglieder zeigen die neu gepflanzten Obstbäume, von denen sie hoffen, dass sie ihr Einkommen steigern. Foto Sabin Ray, World Resources Institute

Beim World Resources Institute setzen mehr als 1.400 Expertinnen und Experten ihr Wissen und ihre Netzwerke dafür ein, praktikable Lösungsansätze für die drängenden Aufgaben zur Bewältigung der Klimakrise zu bieten. Dabei werden die Zusammenhänge des Umweltschutzes und der Verbesserung des Lebensstandards deutlich gemacht. Gegründet wurde das Forschungsinstitut mit Sitz in Washington D.C. im Jahr 1982. Von Daniela Egger

Die globalen Krisenherde beherrschen inzwischen so gut wie alle Medien, die beunruhigenden Botschaften erreichen jede Generation, das Bewusstsein für die Ernsthaftigkeit der Bedrohung ist so hoch wie nie. Die Menschheit steht an einer Wegscheide. Seit der Gründung des World Resources Institute (WRI) vor bald 40 Jahren haben sich eine ganze Reihe düsterer Vorhersagen weit schneller verschärft als prognostiziert. Ein Grund mehr für die Initiatorinnen und Initiatoren des WRI, ihre Strategiepapiere ebenfalls nachzuschärfen. Aus dem ehemals als Think Tank angelegten Institut wurde inzwischen eine weltweit agierende Organisation mit konkreten Projekten und vor allem den Möglichkeiten, die komplexen Zusammenhänge unserer sozialen und ökologischen Systeme effizient zu nutzen.

Über 60 Länder sind an Bord
Standorte in Brasilien, China, Indien, Indonesien, Mexiko und den USA ermöglichen regionale Projekte in über 60 Ländern weltweit. Afrikanische und europäische Niederlassungen sichern die internationalen Beziehungen zu allen führenden Regierungen, ohne deren Mitwirkung kaum etwas zu bewegen ist. Sieben Themenfelder haben die Wissenschaftler und Fachleute des WRI definiert, in denen dringender Handlungsbedarf für eine lebenswerte Zukunft herrscht: Ökosysteme, Wasserreserven, Klimaschutz und Atmosphäre, Bevölkerung und Gesundheit, Wirtschaft und Umwelt, Energie und Ressourcen, Biodiversität und Schutzzonen, Landwirtschaft und Ernährung, Forstwirtschaft und Weideland sowie Umweltpolitik und Institutionen.
Das Beispiel Landwirtschaft und Ernährung stellt eine der ganz großen Herausforderungen dar. Bis zum Jahr 2050 müssen an die zehn Milliarden Menschen ausreichend ernährt werden können, während gleichzeitig der Druck auf die Umwelt und die Ökosysteme sinken muss. Zwischen dem Nahrungsmittelbedarf von heute und dem des Jahres 2050 wird ein fehlender Ertrag von über 56 Prozent entstehen, wenn nicht jetzt sofort gegengesteuert wird. Die Anbaumethoden müssen bis dann also weit ertragreicher sein, gleichzeitig aber auch eine starke Resilienz gegenüber den veränderten Klimabedingungen entwickelt haben, und sie dürfen den Druck auf die verbleibenden Anbauflächen nicht weiter erhöhen – im Gegenteil. Im 2013 erschienenen Report des WRI zum Thema „Nachhaltige Nahrungsmittelzukunft“ werden über ein Dutzend Maßnahmen vorgestellt, die es der Menschheit ermöglichen, diese Herausforderungen zu meistern.

Verschwendung stoppen, Böden wiederaufbereiten
Dazu gehört beispielsweise das Reduzieren der immensen Nahrungsmittelverschwendung. Setzt man an den richtigen Schalthebeln an, lassen sich 50 Prozent der nicht geernteten oder weggeworfenen Lebensmittel retten. Aber auch die Ernährungsgewohnheiten – vor allem in den westlichen Industrienationen – müssen sich verändern. Die Produktion von Nahrungsmitteln, die eine große Menge an Ressourcen benötigen, sollte sich zugunsten von Gesundheit und Umwelt in Richtung pflanzenbasierte Ernährung verschieben. Das würde nebenbei auch die Gesundheitssysteme entlasten und dabei enorme Kosten einsparen.
Zudem liegt derzeit weltweit Ackerland in der Größe von Russland brach – erschöpfte Böden und ausgelaugte Ökosysteme machen den Anbau auf diesen Flächen unmöglich. Sie wieder zu aktivieren ist oberstes Gebot, denn diese sollen nicht nur die Nahrungsversorgung der Zukunft sichern, sondern auch die Wasserversorgung – das nächste äußerst prekäre Thema. Die Böden wieder zu aktivieren bedeutet wiederum, sich auf den Wiederaufbau gesunder Wälder zu konzentrieren, ohne die der Grundwasserspiegel sinkt und die Verödung weiter voranschreitet.

„Wir wissen, dass es einen Weg gibt, der zu Wohlstand für alle und einer gesunden Umwelt führt – nur leider sind wir nicht auf diesem Weg unterwegs. Wir müssen umkehren, schnell und effizient, das ist die Aufgabe unserer Generation. Darum geht es in der
Strategie unserer Organisation,“ so Wanjira Mathai, Chair Green Belt Movement, Kenya und Board Member, WRI.

1.400 Expertinnen und Experten sind derzeit für das WRI tätig. All die drängenden Fragen unserer Zeit sind eng miteinander verzahnt, sie gesondert lösen zu wollen, führt unweigerlich in Sackgassen. Jamshyd Godrej, ein Führungsmitglied der Niederlassung des WRI in Indien, betont in einem Statement: „Es erweist sich immer deutlicher, wie sehr alles, was für die Umwelt gut ist, auch für den Menschen gut ist. Das Bewusstsein dafür steigt und deshalb integrieren bereits zahlreiche große Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit sehr fundiert in ihre Wachstumsstrategien.“ Nicht zuletzt hat die Forschungsorganisation schon von Anfang an auf die vier Faktoren gesetzt: Unterneh-
mertum, Wirtschaftlichkeit, Finanzen und Gleichberechtigung. Betrachtet man die gesetzten Maßnahmen zur Erhaltung des globalen Wohlstands durch die Brille dieser vier Kriterien, erkennt man auch, warum das Institut sich ein Image jenseits von Sozialromantik zu erhalten wusste. Das ist ein wesentlicher Hoffnungsaspekt – offensichtlich lassen sich Wirtschaftlichkeit und Wachstum in Einklang bringen mit einer ressourcenschonenden und gleichberechtigten Zukunft, in der für alle Menschen die Chance auf Wohlstand möglich ist.

„Die russische Invasion der Ukraine hat schon jetzt Millionen Menschen aus ihrer Heimat vertrieben, viele von ihnen sind derzeit ohne Wasser, Energie und Nahrung. Während die Angriffe unvermindert weitergeführt werden, weiten sich die humanitären und ökonomischen Konsequenzen weit über die Landesgrenzen aus und stellen eine potenzielle Gefahr für die Nahrungsversorgung dar. Wir sprechen hier nicht von kurzfristigen Gefahren. Was Bauern und Politiker in den nächsten Monaten entscheiden werden, stellt die Weichen für die Zukunft der weltweiten Nahrungsversorgung. Die passenden Antworten können die Situation stabilisieren. Die falschen werden Nahrungsmittelknappheit verursachen, wie auch die Klimaziele gefährden.“ Craig Hanson, Managing Director of Programs, WRI. 
Weitere Infos: wri.org


Teilen auf:
Facebook