Online-shopping

Sei es aus Bequemlichkeit oder weil man fernab des Angebots einer Großstadt lebt: Onlineshopping macht das Leben leichter. Aber wie sieht es mit der Klimabilanz des Onlinehandels aus? Was ist schädlicher: Shoppen im Geschäft oder am Computer zuhause? Von Babette Karner

So gut wie alles ist heute auch online erhältlich und nicht zuletzt seit der Corona-Krise wissen wir, dass man sein Wohnzimmer nicht verlassen muss, um an alle Waren zu kommen, die man braucht – oder die man sich wünscht. 72 Prozent aller 16- bis 74-jährigen Internetnutzerinnen und -nutzer in Europa haben im Jahr 2020 laut einer aktuellen Studie von Eurostat im Internet eingekauft. Österreich liegt dabei mit 74 Prozent an elfter Stelle und somit knapp über dem europäischen Durchschnitt. Gleichzeitig boomen die Retouren: Bis zu 50 Prozent der Waren werden zurückgeschickt.

So einfach und praktisch Onlineshopping ist und so sehr es heute zum Leben dazugehört: Was für Auswirkungen haben direkte Lieferungen nach Hause auf den weltweiten CO2-Ausstoß? Verursachen die Verpackungen der Pakete gigantische Müllberge? Sprich, was schadet der Umwelt mehr: Der Transport der Waren frei Haus oder die Infrastruktur eines Ladens in Innenstadtlage?

Nicht der Transport, das Produkt entscheidet über die Klimabilanz
Auf den ersten Blick scheint die Antwort auf der Hand zu liegen: Pakete einzeln per Kleintransporter von Haus zu Haus zu liefern kann nur schlechter abschneiden, als zu Fuß, mit dem Fahrrad oder den Öffis in der Innenstadt shoppen zu gehen. Doch so einfach ist es nicht.

Zahlreiche Studien, darunter eine großangelegte Untersuchung des deutschen Umweltbundesamts UBA kommen zu dem Schluss, dass der Onlinehandel seinen Ruf als Umweltsünder tatsächlich zu Unrecht trägt. Das Ergebnis der UBA-Studie beim Vergleich Onlineshopping oder Einkauf im Geschäft: Entscheidend für die Klimabilanz ist vor allem, was wir kaufen – und weniger, wo wir es kaufen.

Bis zu drei Viertel der Treibhausgas-Emissionen im Lebenszyklus eines Produkts entstehen schon bei der Herstellung. Der Anteil von Handel und Transport an den Gesamt-emissionen macht dagegen nur zwischen einem und zehn Prozent aus.

Eine Analyse zweier Unternehmensberatungen (Oliver Wyman und Logistics Advisory Experts GmbH) kommt im April 2021 ebenfalls zu dem Schluss, dass die Klimabilanz des Onlinehandels besser ist als die des stationären Handels. Demnach soll der berechnete CO2-Ausstoß beim stationären Handel pro verkauftem Produkt durchschnittlich um den Faktor 2,3 höher liegen als im Onlinehandel. Laut einer Untersuchung im Auftrag des Paketdienstleisters DHL reicht die Bandbreite klimaschädlicher Treibhausgase im Onlinehandel von 277 Gramm CO2 pro mittlerem Paket bis zu 800 Gramm für ein sehr großes. Ein mittlerer Wert von 500 Gramm CO2 scheint also realistisch, wenn das Paket nur einmal zugestellt wird und die Lieferrouten effizient abgestimmt sind.

Um ähnlich umwelteffizient zu sein, kämen Verbraucherinnen und Verbraucher für einen Einkauf mit dem eigenen Auto bei einem stationären Händler nicht über einen Radius von zwei Kilometern hinaus – denn sie müssen ja auch wieder nach Hause fahren. Gerade bei Menschen in ländlichen Regionen, die mangels öffentlichen Nahverkehrs längere Strecken mit dem PKW zurücklegen müssen, macht sich das bemerkbar. Im Infoblatt „Nachhaltiges Onlineshopping“ beziffert das Verbraucherportal „Testit“ die Klimabilanz eines Artikels im stationären Handel mit 3.270 Gramm CO2: „Ganz abgesehen vom LKW-Transport der Waren zum jeweiligen Geschäft muss dieses mit Strom, Wasser und Wärme versorgt werden. Klimaanlage, Licht, Sicherheitssysteme, Kasse – all das kostet Energie. Und zusätzlich zur Ladenfläche gibt es häufig ein Lager, ein Büro und einen Mitarbeiterbereich.“

Positiv bemerkt werden kann auch, dass Transportunternehmen heute zunehmend auf Elektromobilität umstellen: Die Deutsche Post DHL Group etwa verfügt inzwischen über Deutschlands größte Flotte an Elektrofahrzeugen: Ziel ist die komplette Umstellung auf Elektromobilität. Und auch Onlinehändler Amazon rüstet seine Lieferflotte in Europa mit 1.800 Elektro-Transportern aus und hat sich verpflichtet, bis 2040 CO2-neutral zu sein.

Gratis-Retouren – sinnlos durch halb Europa
So positiv die CO2-Bilanz des Onlineshoppings theoretisch ausfällt, so problematisch sind kostenlose Retouren, die allzu oft zu leichtfertigen Bestellungen verführen: Um die 300 Millionen Pakete werden heute pro Jahr allein in Deutschland zurückgeschickt. Laut einer Untersuchung der Forschungsgruppe „Retourenmanangement“ der Universität Bamberg entsprach der CO2-Ausstoß aller retournierten Pakete des Jahres 2019 mit 238.000 Tonnen „2.200 täglichen Autofahrten von Hamburg nach Moskau“. Hinzu kommt, dass Onlinehändler wie H&M, Zalando oder Amazon retournierte Waren heute oft durch halb Europa transportieren, um sie in Polen oder in Tschechien günstig wiederaufbereiten zu lassen.

Sind Müllberge vermeidbar?
Kisten und Kartons, Füllmaterial und Blasenfolie: Was verschickt wird, muss ordentlich verpackt sein, damit die Waren den Transport heil überstehen. Wie bei den Retouren sind auch hier die Verbraucherinnen und Verbraucher gefragt, um das Onlineshopping möglichst nachhaltig zu machen. Sie können bereits bei der Auswahl des Händlers darauf achten, dass die Verpackung aus recyceltem Material besteht und selbst wiederum recycelbar ist. Zudem sollte die Größe der Verpackung dem Produkt angepasst sein. Hier erweisen sich vor allem Lebensmittelbestellungen als problematisch: Für einen Pullover genügt oft ein Kuvert aus festem Recyclingpapier, während Lebensmittel nicht selten in mehrere Lagen Plastik eingewickelt werden, damit ihnen nichts passiert.

Auch erste Versuche mit Mehrwegsystemen für Versandverpackungen gibt es: Der Öko-Versandhändler memolife.de hat bereits 2009 die sogenannte „memo Box“, ein Mehrweg-Versandsystem, herausgebracht. Kunden können sich ihre Waren ohne Aufpreis in einer stabilen, grünen Box aus dem Recycling-Kunststoff Procyclen zusenden lassen. Die Kiste kann dann kostenlos an memolife zurückgeschickt werden – was natürlich wiederum den CO2-Ausstoß der bestellten Waren erhöht.

Fazit: Wann ist Onlineshopping umweltfreundlich?
Wenn man sich an eine Handvoll Regeln hält, kann der Einkauf im Internet tatsächlich umweltfreundlicher sein als der direkte Einkauf im Geschäft:

1) Man überlegt sich vorher genau, was man braucht – und vor allem, ob man das Produkt wirklich benötigt.
2) Man bestellt mittels Standardzustellung und achtet auf umweltfreundliche, recycelte und recyclebare Verpackungen. So wird das nachhaltig verpackte Paket in einem optimal ausgelasteten LKW transportiert.
3) Man nimmt die Zustellung selbst entgegen oder lässt sie im Hausflur oder beim Nachbarn abstellen. Das spart unnötige Wege.
4) Die Ware passt und wird nicht zurückgeschickt.


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