Renaissance des Weinbaus

Das Weinbaugebiet „Chesa Druschauna“ von Gert Markowski liegt auf 600 Metern Seehöhe. Dort produziert er unter anderem den weltweit höchstgelegenen Blaufränkischen.
Von Monika Bischof

Der Weinbau zählte früher zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor in Vorarlberg. Nicht zuletzt aus diesem Grund verfügt er über eine lange Tradition. Schon die Räter bauten hier ihren Wein an. Der Walgau, als wärmste Region Vorarlbergs, bot sich im Besonderen für den Anbau der begehrten Weintrauben an. Von Göfis bis Nüziders zog sich ein Rebenband, das bis auf etwa 700 Meter Seehöhe reichte. Der Walgau erhielt von den Römern den Namen Vallis Drusana, er gehörte bis zum Jahr 1816 zum Bistum Chur. Der Legende nach hatte Drusus bei seiner Eroberung den Wein dorthin gebracht. Im Jahr 1880 gab es in Göfis noch 18 Presshäuser, die „Torkel“ genannt wurden. In diesen wurden die im Ort angebauten Weintrauben gemeinschaftlich verarbeitet. Nach dem Ersten Weltkrieg kam der Weinbau zum Erliegen, ein Neustart erfolgte erst vor rund dreißig Jahren.

Intensive Beschäftigung mit dem Weinbau
Inzwischen gibt es wieder zehn Weinbauern in Göfis, einer davon ist Gert Markowski. Er kam während seines Studiums an der Universität Innsbruck mit dem Weinbau in Kontakt: „Ich war nebenher immer wieder in der Gastronomie tätig. Vor dreißig Jahren habe ich im Sommer im Gasthaus Torggel in Röthis gearbeitet und bekam dadurch einen vielseitigen und fundierten Einblick in alles, was mit Wein zu tun hat.“ Dies war auch der Grund, sich später selbst im Weinbau zu versuchen. Ein Grundstück am hoch gelegenen Breitenweg, direkt neben dem Waldrand, wurde von ihm gepachtet: „Das war nicht ganz einfach, da es eine Streifenflur ist und es durch die Grundstückseinteilung viele Verpächter gab. Diese Einteilung ist übrigens ein weiterer Hinweis darauf, dass hier in früheren Zeiten schon Wein angebaut wurde. Mittlerweile konnte ich einige Grundstücke kaufen und das Anbaugebiet erweitern.“ Sein Weingut trägt den klingenden Namen „Chesa Druschauna“, was frei aus dem Rätoromanischen übersetzt „Das Weingut im Walgau“ bedeuten soll. Gert Markowski ist historisch versiert, er weiß viel über die Geschichte des Weinbaus, aber auch darüber, welche Voraussetzungen für einen erfolgreichen Weinanbau nötig sind.

Blaufränkischer, gereift in höchster Lage
Das Kulturgut Wein ist, wie so viele andere Produkte auch, dem sich ändernden Geschmack unterworfen. „Auch wir Winzer und Winzerinnen sind gefordert, immer am Zeiger der Zeit zu sein, Trendumkehrungen rasch wahrzunehmen und entsprechend zu reagieren“, betont Gert Markowski. Vor einigen Jahren waren die in Barrique-Fässern gereiften Weine sehr gefragt, inzwischen hat sich der Trend verlagert: „Stärkere Weine, sogenannte ‚Holzbomben‘, werden nicht mehr gewünscht. Der Fokus liegt auf leichteren Weinen mit weniger Alkoholgehalt. Das animiert, ein weiteres Gläschen zu trinken und länger Zeit mit Freunden und Bekannten zu verbringen.“ Grundsätzlich gilt jedoch für den innovativen Weinexperten, dass sein Wein einfach schmecken solle: „Man muss aus dem Weingenuss keine Doktorarbeit machen.“ Er produziert Weine aus den traditionellen Rebsorten Chardonnay, Burgunder, Blaufränkisch und Roesler, die ausgesprochen widerstandsfähig sind. In zwei Jahren soll das Sortiment auf einem neu gepachteten Grundstück im Ortsteil Agasella mit Muskat Ottonel, einem Weißburgunder, ergänzt werden. Der Blaufränkische ist übrigens weltweit der einzige seiner Sorte, der auf 600 Metern Seehöhe angebaut wird. Im vergangenen Jahr erfolgte die Bio-Zertifizierung der Weine: „Es gibt immer wieder die falsche Vermutung, dass im Bio-Landbau nicht gespritzt wird. Das ist jedoch nicht der Fall, ich spritze mitunter doppelt so viel – allerdings mit biologischen Mitteln.“ Das Spritzen der Weinreben ist für ihn ein eher notwendiges Übel, eine besondere Herausforderung bildet vor allem der Echte und der Falsche Mehltau: „Der Echte Mehltau überwintert im Holz, der Falsche hingegen im Boden. Die Pilzsporen sind immer da, sie brauchen allerdings gewisse Voraussetzungen, um sich ausbreiten zu können.“ Als besonderer Glücksfall erweist sich ein Nachbar, der Wiesenlandesmeister in Biodiversität ist: „Nützlinge machen vor einer Grenze nicht halt, sie fressen auch auf meinem Grundstück Schädlinge. Gegen den Mehltau helfen sie allerdings nicht. Insofern trifft es sich sehr gut, dass ich gerade hier mit meinem Weinbau situiert bin.“

Fotos Angela Lamprecht

Weinbau als Dreiklang zwischen der Landschaft, der Traube und dem Winzer
Der Weinbau ist für Gert Markowski mehr als nur ein Hobby, es ist seine Passion: „Weinbau ist für mich in erster Linie ein Dreiklang, nämlich zwischen der Landschaft, wo der Wein wächst, der Traube und dem Menschen, der die Landschaft und die Reben betreut. Wobei der Mensch an letzter Stelle steht. Es ist seine Aufgabe, die Vorgaben zu erkennen und danach zu handeln.“ Es brauche Geduld und Beharrlichkeit, damit dies auch gelinge: „Man kann nicht einfach sagen, heute ist schönes Wetter und ich ernte die Trauben. Das geht erst, wenn sie auch wirklich reif sind.“ Wie auch bei seiner Arbeit als Jurist gelte es, den Blick auf das Wesentliche zu richten und entsprechende Prioritäten zu setzen. „Diese Fähigkeit erleichtert so einiges, was durchaus auch für andere Lebenslagen gilt“, ist er überzeugt. Als Winzer habe er außerdem einen anderen Zugang zum Wein als etwa ein Sommelier: „Ein Sommelier empfiehlt Weine zu einem Gericht. Als Weinbauer bin ich in den Anbau, die Auswahl der Rebsorten, den Gärvorgang und in die Bedingungen im Weinkeller stets involviert. Ich muss über die entsprechende Sensorik verfügen, um rechtzeitig eingreifen zu können, falls etwas schiefläuft.“

Diversifizierung als Vorteil
Gert Markowski macht sich nicht nur über den Weinbau, sondern auch über die Entwicklung der Landwirtschaft in Vorarlberg viele Gedanken: „Ich bin als Nebenerwerbslandwirt quer eingestiegen. Aber ich denke, dass eine Diversifizierung für alle Beteiligte Vorteile bringt, das öffnet den Horizont in viele Richtungen und ermöglicht neue Wege. Meiner Meinung nach sollte die Landwirtschaft in Vorarlberg neu gedacht werden. Ich finde es fragwürdig, auf welche Weise die Milchproduktion gefördert wird und dass nur noch Mais für die Viehwirtschaft angebaut wird.“ Vor fünfzig Jahren sind – ebenfalls im Walgau – noch zahlreiche Getreidesorten zum Verzehr durch die Menschen angebaut worden: „Ich bin kein Global Player, das möchte ich auch nicht sein. Aber ich habe hier für mich im Weinbau eine interessante Mischung gefunden, die durchaus auch für andere Produkte denkbar ist.“ Der Begriff Nachhaltigkeit ist bei ihm mehr als nur ein Schlagwort: „90 Prozent des von mir produzierten Weins liefere ich in Göfis und Umgebung aus. Das bedeutet: kurze Wege und dadurch eine Schonung der Umwelt. Es wird zwar oft gesagt, dass die Klimaveränderung für den Weinbau positiv ist, das stimmt aber nicht. Die milden Winter und die langen Trockenperioden stellen alle Winzerinnen und Winzer vor eine besondere Herausforderung.“ Zur Qualität seines Weins meint er: „Die Vorarlberger Weine müssen einen Vergleich mit anderen Weinen aus Österreich nicht scheuen.“
 Bezugsquellen der Weine: druschauna.at


Teilen auf:
Facebook Twitter