Schätze der Karibik. Vanille
Das Puronilla Dream Team nach getaner Arbeit: Randall Quirk, Andreas Harb,
Mark Lineweaver und Sailor Gibson
Ein Wiener Unternehmer setzt sich in den Kopf, in der Karibik Vanille anzubauen. Er will eigentlich in Kuba damit beginnen, landet aber in der Dominikanischen Republik und startet dort mit seiner Vanille-Idee richtig durch. Text und Fotos von Jürgen Schmücking
Es ist fünf Uhr morgens. Über die Hügel rund um Tenares, einem kleinen Ort im Landesinneren der Dominikanischen Republik, zieht sanfter Nebel auf, und es regnet ein wenig. Randall Quirk ist bereits auf den Beinen und auf der Farm unterwegs. Er marschiert auf schmalen Pfaden durch den Regenwald und kontrolliert seine Schützlinge, die Vanillepflanzen. Seine eigentliche Aufgabe ist an diesem Morgen aber eine andere. Randall sammelt Frauenhaarfarn. Dieser Zierfarn wächst hier auf der Farm genauso üppig wie die Vanille selbst. Er hat beim Anbau der Vanille aber eine besondere Aufgabe. Die Vanille ist eine Orchideenpflanze. Für Laien ist das an ihrer wunderschönen Blüte zu erkennen. Die Herausforderung bei der landwirtschaftlichen Nutzung ist, dass die Bestäubung händisch durchgeführt werden muss. Diese Bestäubung ist für die Entwicklung der Bohnen, die wir später als Vanilleschoten bezeichnen, von essenzieller Bedeutung. Genau hier kommt der Frauenhaarfarn ins Spiel. Nahe seiner Wurzel ist der Stängel des Farns dünn und rau genug, um die feinen Pollen aufzunehmen und trotzdem stark und fest genug, um genau den Teil im Inneren der Orchideenblüte zu treffen, wo die Bestäubung stattfinden soll. Geübte Arbeiter bestäuben etwa 1.500 Blüten am Tag. Sieht man sich auf der Puronilla-Farm bei Tenares um, erkennt man, dass die Arbeiter hier viele Tage lang mit der filigranen Arbeit beschäftigt sein werden. „Die beste Zeit für die künstliche Bestäubung ist zwischen sieben Uhr morgens und elf Uhr“, sagt Randall Quirk und sammelt die letzten Farne ein, bevor die Mannschaft auf die Farm kommt.
Randall Quirk ist der Botaniker im Team von Puronilla, dem Unternehmen, das es sich zur Mission gemacht hat, die beste Bio-Vanille der Welt anzubauen. Randall ist eine Koryphäe auf dem Gebiet der Orchideen. Das erkennt man nicht nur, wenn er über seine Vanille spricht. Man kann es auch in den Räumlichkeiten von Puronilla sehen, die er stets mit den schönsten, exotischsten und üppigsten Blumenarrangements schmückt. Er versorgt das Team auch täglich mit grandiosen Smoothies und ist stets gut drauf. „Hi, how awesome to see you. I hope, you had a super nice day“, strahlt er, wenn seine Freunde von der Arbeit auf der Farm zurückkommen. In dem Moment, in dem er die Hand zum Gruß reicht, erkennt man aber, dass es da noch einen anderen Randall Quirk geben muss. Der Mann hat in seinem Leben nicht nur Orchideen gestreichelt. An einem der Abende (wir sind in der Karibik!) macht eine Flasche Rum die Runde und Randall holt ein Album aus dem Regal. Die Bilder zeigen eine völlig andere Facette des Mannes. Sie zeigen einen Mann, der lange am Amazonas gelebt hat. Einen Jäger, der mit Alligatoren gerungen und mit den indigenen Kayapó gesungen hat.
Aber zurück zur Vanille. Es dauert ungefähr neun Monate, bis die Bohnen entwickelt sind und geerntet werden können. In dieser Zeit braucht die Pflanze eine stattliche Menge Wasser, aber auch eine gute Drainage, damit das Wasser auch wieder abfließen kann. Das ist einer der Gründe, weshalb der hügelige Regenwald im Zentrum der Insel so gut für den Anbau geeignet ist. Nach der Ernte werden die Schoten ein paar Minuten lang gekocht und danach für einige Tage in der Sonne getrocknet. Dadurch erhalten sie ihre charakteristische bräunliche Färbung. Und weil die Bedingungen für die Pflanzen dermaßen optimal sind, sind die Vanilleschoten von der Puronilla-Farm deutlich größer als die durchschnittliche Schote am Markt. Und auch besser. Einige Institute, die sich mit der Vanille wissenschaftlich auseinandersetzen, haben der Vanille aus Tenares eine besonders hohe Konzentration an Aromastoffen attestiert.
Der Mann, der hinter dem Vanille-Projekt in der „Dom Rep“ steckt, ist der Wiener Andreas Harb. Er ist Mastermind und Gründer von Puronilla, dem Schweizer Unternehmen, das den institutionellen Rahmen für die Abwicklung der „Karibikgeschäfte“ bildet. Andreas Harb ist Zeit seines Lebens Unternehmer, zuletzt in der IT-Branche, aber stets mit Hang zu guten Lebensmitteln und zur Biolandwirtschaft.
In der Dominikanischen Republik ist es Andreas Harb nicht nur gelungen, Anbauflächen für 37.000 Vanillepflanzen zu akquirieren, sondern zugleich auch 30 Jahre an Erfahrung beim Vanilleanbau hinzuzugewinnen. Genauso lange leitete der Vanille-Experte Mark Lineweaver die von Harb erworbene Plantage auf der Insel. Lineweaver hat den Anbau nicht-genveränderter Vanille entwickelt und zum Erfolg geführt. Neben den ökologischen Aspekten beim Vanilleanbau zählen für ihn auch der Schutz der Natur und menschenwürdige Arbeitsbedingungen zu den herausragenden Leitmotiven für unternehmerisches Handeln bei Puronilla. Für die Vanille bedeutet das konkret: Bio und Fair Trade sind Pflicht, herausragende Qualität die Kür.
Davon hat sich Andreas Harb vorab überzeugt. Bevor er mit den Verhandlungen begann, hat er ein Expertenteam in den Regenwald geschickt, um sich sowohl von der Qualität der Pflanzen als auch von der Plantage selbst und den vorherrschenden Arbeitsbedingungen ein genaues Bild zu machen. Bei mehreren Besuchen vor Ort wurde kontrolliert, ob die anfänglich vorgefundenen Standards auch dauerhaft eingehalten werden. Da das offensichtlich der Fall war, kamen die Verhandlungen zügig zum Abschluss.
Das Projekt zog auch bald die Aufmerksamkeit der Behörden und der Regierung auf sich. In den vergangenen Jahren hat sich die Dominikanische Republik landwirtschaftlich stark verändert. Im Land entstanden Musterbeispiele biologischer Landwirtschaft. Bei der Produktion von Bio-Bananen hat die „Dom Rep“ eine führende Rolle am Weltmarkt übernommen. Es gibt herausragende Produzenten von bio-zertifiziertem Kaffee im Hochland der Insel. Im Süden wachsen Demeter-zertifizierte Mangos und grandioser Bio-Kakao wird in unmittelbarer Nähe zur Puronilla-Farm kultiviert. Die Kurzfassung: Andreas Harb und sein Unternehmen Puronilla wurden eingeladen, in der Dominikanischen Republik ein Vanille-Cluster zu etablieren. Dabei geht es darum, noch stärker auf den Rohstoff und die Produkte zu fokussieren, Kooperationspartner zu vernetzen und Ressourcen zu bündeln. Mittlerweile gibt es dafür einen Vertrag zwischen Andreas Harb und dem Ministerium für Landwirtschaft der Dominikanischen Republik.
Die Plantage befindet sich in einer Bergregion auf 1.000 Meter Höhe und bietet einen wunderbaren Weitblick. Bei klarer Luft und schönem Wetter kann man vom Hügel der Farm sogar das Meer im Norden sehen. Andreas Harb genießt diesen Blick nicht nur. Er hat für ihn auch als Metapher Bedeutung. Im Moment läuft es für ihn und sein Team in der Dominikanischen Republik recht gut. Aber dabei will er es nicht belassen. Wendet man den Blick vom Norden nach Westen, sieht man zwar das Meer nicht, aber es sind nur 500 Kilometer Luftlinie bis Kuba. Und dort könnte schon bald die nächste Vanilleplantage entstehen.
Tipp der Redaktion
TiIm nächsten Teil der Serie „Schätze der Karibik“ besuchen wir eine Bananenplantage und sehen uns die Erfolgsgeschichte der Bio-Bananen in der Dominikanischen Republik genauer an.