Spielen, spielen, spielen

Foto Sarah Mistura
Sie lebt erst seit Kurzem in Bregenz und steht im Landestheater auf der Bühne. Zu Hause fühlt sie sich an vielen Orten, vor allem auf der Bühne: Isabella Campestrini.
Von Angelika Drnek
Nicht viele Schauspielerinnen sind gleich mit einer Rolle in einem Kinofilm ins Geschäft eingestiegen. Mit fünf Jahren. Bei Isabella Campestrini war es genau so. „Meiner Tante ist für ihren Diplomfilm die Kinder-Darstellerin abgesprungen. Ich sprang ein.“ Der Besuch der Premiere auf der „Diagonale“ in diesem Alter war ein einprägsames Erlebnis. Weitere Rollen folgten, bis sie in der Schule dann das Theater für sich entdeckte. Mit acht Jahren ließ sie sich in gleich mehrere Schauspielclubs in Wien aufnehmen. Mangelnde Zielstrebigkeit kann man Isabella Campestrini nicht vorwerfen. „Es war dann schnell mal klar, dass ich mit dem Schauspiel mein Leben verbringen möchte“, erzählt sie von den durchaus rasanten Anfängen.
Mit 14 Jahren stand sie schon auf der Bühne des Theaters in der Josefstadt, etwas später im Theater „Akzent“. Es lief. Und obwohl sie bereits „in business“ war, wollte sie Schauspiel studieren. Warum? „Weil ich das Handwerk von Grund auf erlernen wollte.“ In Linz schließlich wurde sie an der Schauspielschule für einige Jahre heimisch – und stand auch während der Ausbildung schon häufig auf der Bühne des dortigen Landestheaters. Vier Jahre später schloss sie mit Auszeichnung ab. Ein festes Engagement beim Jungen Landestheater ließ nicht lange auf sich warten, im vergangenen Jahr folgte dann der Wechsel nach Bregenz. Kurzum: Eine Erfolgsstory.
Nun könnte man meinen, dass schon ihre Herkunft einen klar vorgezeichneten, fast logischen Weg für Isabella Campestrini geebnet habe, denn sie stammt aus einer Familie von Künstlerinnen und Künstlern. Vater und Großvater sind Dirigenten, ihre Mutter ist Geigerin, die Großmutter Schauspielerin, die andere Großmutter ist Autorin, eine Tante Regisseurin, eine andere Architektin – und die Schwester singt. Künstlerische Gene waren also reichlich vorhanden, doch auch andere Kräfte waren auf Isabella Campestrinis Weg am wirken.
So lernte sie etwa schon früh das Klavierspiel. Nach ihrem ersten „Prima-la-Musica“-Bewerb – sie gewann – beschloss sie allerdings, das Klavier nicht zum Beruf zu machen. „Der Situation des direkten Vergleichs, dem Konkurrenzgedanken in der Musikwelt wollte ich mich nicht aussetzen“, erzählt sie. Seitdem spielt sie immer noch Klavier, aber am liebsten „für mich ganz allein“, als Ventil, um emotionalen Stress abzubauen. Diese Kraft zum Entschluss blieb der Wienerin. Die Wurzel dafür mag vielleicht auch in der Familiengeschichte liegen, wenn auch anders, als man denkt. Denn Isabella Campestrinis Mutter stammt aus Kroatien. Mit 16 Jahren siedelte diese nach Wien, um Musik zu studieren; kurze Zeit später folgte ihre Familie nach, der Jugoslawienkrieg war ausgebrochen. Nach einigen Jahren der Unruhe wurde schließlich 1996 Isabella geboren. „Es hat mich inspiriert, wie sehr sich meine Familie mit ihren Künstlerpersönlichkeiten beruflich auch in Österreich profiliert hat – trotz der tragischen Umstände, trotz der anfänglichen Sprachbarrieren. Sie sind alle ihren Weg gegangen“, erzählt sie. Und Isabella Campestrinis Zweisprachigkeit, ihre österreichisch-kroatische Herkunft wandelte sich von der Ursache für Rassismen in Wien („Ich wurde oft als Ausländerkind beschimpft“) schließlich zum bewunderten Feature – nämlich in den USA, wo die Familie wegen beruflicher Engagements des Vaters eine Zeit lang lebte. „Ich besuchte insgesamt drei Kindergärten und vier Schulen“, sagt sie. Bei Neuanfängen hat Isabella Campestrini also Übung. Zwar lässt sich daraus Stärke generieren, doch bleibt auch immer etwas, das man zurücklässt.
Für ihre berufliche Zukunft wünscht sich die Schauspielerin, „mutige, mitreißende Abende auf die Bühne zu bringen.“ Der Theaterraum bedeute für sie größtmögliche Sicherheit wie auch Freiheit. Und vom Publikum ist sie jedes Mal berührt: „Lauter Menschen, die sich dazu entschlossen haben, hierher zu kommen, das Handy wegzulegen und sich einzulassen.“ Eine Gemeinschaft auf Zeit.