Veganes Leder
PIÑATEX x ZARA Collection. Foto ZARA x Piñatex/ANANAS ANAM
Robust, anschmiegsam und nachhaltig.
Herkömmliches Leder ist weder tier- noch klimafreundlich. Doch inzwischen gibt es zahlreiche pflanzliche Alternativen, hergestellt aus Pilzen, Ananasblättern oder Kakteen, die mit dem Original locker mithalten können. Von Babette Karner
Schuhe und Taschen, Jacken und Hosen, Gürtel und Accessoires: Leder ist ein Material, das die Menschen seit Jahrtausenden begleitet. Doch herkömmliches Leder ist weder tier- noch klimafreundlich: Kühe hinterlassen einen großen CO2-Abdruck, die Weiterverarbeitung und das Färben von Leder mit giftigen Materialien belasten die Umwelt. Gefragt sind nachhaltige und vor allem vegane Alternativen, die Klima und Umwelt schonen und im besten Fall vollständig recycelt werden können.
Von Pilz- über Ananas- bis hin zu Kaktus- und Apfelleder reichen die diversen Leder-Ersatzarten inzwischen. Alle werden aus natürlichen Rohstoffen hergestellt und stehen „traditionellem“ Leder in Robustheit und Anschmiegsamkeit in nichts nach. Jeder dieser neuartigen Stoffe hat seine Vor- und Nachteile – und nicht jeder ist vollkommen nachhaltig. Wir haben uns umgesehen!
Synthetisches Kunstleder: aus Erdöl
Synthetisches Kunstleder, von internationalen Modekonzernen intensiv als Lederersatz vermarktet, ist zwar vegan, aber nicht umweltfreundlich. Denn es besteht aus Polyurethan (PU) und Polyvinylchlorid (PVC) – beides Kunststoffe, die aus Erdöl gewonnen werden und nur schwer abbaubar sind. Immerhin verarbeiten manche Unternehmen inzwischen recyceltes Kunstleder: Das senkt zumindest den Wasser- und Energieverbrauch bei der Herstellung.
Ananasleder: aus Blätterabfall
Viele vegane Ledervarianten werden aus Früchten hergestellt. Am bekanntesten ist das Ananasleder, auch „Piñatex“ genannt. Das PETA-zertifizierte Material wird aus den langen Cellulosefasern von Ananasblättern hergestellt, die als Abfallprodukt bei der Ananasproduktion anfallen. Schwermetalle oder zusätzliches Wasser werden bei der Produktion nicht gebraucht. „Piñatex“ wirkt täuschend echt und kann verhältnismäßig günstig produziert werden. Zudem ist es sehr robust und leicht elastisch: perfekt für die Herstellung von Schuhen.
ananas-anam.com
Pilzleder: weich, atmungsaktiv, wasserabweisend
Das vegane Leder „Mylo“ wird aus dem Myzelium, der unterirdisch wachsenden, weitverzweigten Wurzelstruktur von Pilzen, hergestellt. Myzelium wird zur Lederproduktion ähnlich wie Tierhaut gegerbt, allerdings ohne giftige Chemikalien. Alle anfallenden Abfälle sind biologisch abbaubar. Pilzleder ist atmungsaktiv und anschmiegsam, gleichzeitig reißfest und wasserabweisend. Es eignet sich hervorragend zur Herstellung von Textilien und es verwundert nicht, dass Designerinnen wie Stella McCartney, Marken wie Gucci oder der Autohersteller Mercedes in die Erforschung dieses neuen Materials investieren. mylo-unleather.com
Kaktusleder: strapazierfähig
„Desserto-Leder“ ist ebenfalls eine nachhaltige Lederalternative aus der Natur. Gewonnen wird es aus dem Nopalkaktus, einer in Mexiko beheimateten Kaktusart, deren Oberfläche echtem Leder sehr ähnlich ist. 2020 wurde das Material von dem kleinen mexikanischen Start-up „Desserto“ vorgestellt. Für die Herstellung von Kaktusleder wird kaum Wasser benötigt, auf den Einsatz von Kunststoffen wird komplett verzichtet. Aufgrund seiner hohen Strapazierfähigkeit eignet sich Kaktusleder perfekt für die Verarbeitung zu Kleidung, Möbelbezügen und Accessoires.
desserto.com.mx
Mirum: aus Baumwolle
Für das Material „Mirum“, entwickelt von der Firma „Natural Fiber Wedling“, wird ein textiler Träger wie Biobaumwolle mit einer Beschichtung aus Pflanzen und Mineralien versehen. Ein spezielles Verfahren ermöglicht eine Produktion ohne synthetische Komponenten und benötigt dafür kein Wasser. Zudem kann die vegane Lederalternative mechanisch recycelt und zu neuem „Mirum“ verarbeitet werden. Verwendet wird „Mirum“ von Marken wie Pangaia, Camper und BMW sowie vom veganen Taschenlabel Melina Bucher. mirum.naturalfiberwelding.com
Apfelleder: leider nicht perfekt
Modemarken wie Coperni oder Miomojo werben mit Taschen aus „Appleskin“: ein veganes Leder, das aus Apfelabfällen hergestellt wird. Ein Zentrum für die Herstellung von Apfelleder ist Südtirol, wo bei der Apfelsaftproduktion tonnenweise Pressrückstände, sogenannte Trester, anfallen. Diese werden getrocknet, pulverisiert und anschließend mit Farbstoffen und Bindemitteln vermischt. Leider ist Apfelleder nicht so nachhaltig wie es scheint, denn es besteht nur zu 70 Prozent aus Apfelabfällen. Um die Struktur des Tresters zu stabilisieren, wird in den restlichen 30 Prozent der erdölbasierte Kunststoff Polyurethan (PU) verwendet. Als wirklich umweltfreundliche Alternative zu tierischem Leder kann „Appleskin“ daher nicht eingestuft werden. appleskin.com
Fazit: Nachhaltig ist, was lange hält
Veganes Leder ist eine tierfreundliche und umweltschonende Alternative zu Echtleder. Allerdings kommen auch hier bei der Produktion teilweise giftige, chemische Stoffe zum Einsatz, und nicht immer sind Produkte aus pflanzlichem Leder vollständig recycelbar. Daher gilt: Je länger man ein Produkt nutzt, umso nachhaltiger ist es, und je besser man es pflegt, umso länger hält es.
Schuhe und Kleidung aus veganem Leder reinigt man am besten mit weichen Bürsten, Handtaschen mit einem feuchten Tuch. Vegane Autositze sollten in Faserrichtung abgewischt werden. Da jedes vegane Leder für sich einzigartig ist, beachtet man am besten
die Pflegehinweise des jeweiligen Herstellers.