Weniger ist mehr
Foto Michael Stelzhammer
Effizienz und Beständigkeit im Fokus von zeitlosen Designs
Von Nadine Pinezits
Robert Rüf ist Industriedesigner in Wien. Die Bereiche, in denen er tätig ist, reichen von Möbel-, Produkt- und Ausstellungsgestaltung bis hin zu „Spatial Design“ und Signaletik. Der gebürtige Vorarlberger arbeitet reduziert, unaufgeregt und funktional. Und dachte damit, bereits lange bevor Nachhaltigkeit im Designbereich zum Muss wurde, überaus zukunftsorientiert.
„Mein Bestreben war stets, die Grenzen der Konstruktion auszureizen. Dabei wurde mir klar, dass das zugleich ein nachhaltiger Ansatz ist“, sagt der Vorarlberger Designer zu Beginn unseres Gesprächs über seine Herangehensweise. Rüf studierte „Industrial Design“ an der Universität für angewandte Kunst Wien. Nach einiger Zeit als Freelancer gründete er 2007 sein eigenes Designbüro. Bereits in seiner Schulzeit fand Rüf seine Passion für kreatives Schaffen. „Produktdesign hatte für mich immer etwas Exotisches. Die persönliche Note, die alltägliche Gegenstände ausstrahlen, übte damals schon eine besondere Anziehungskraft auf mich aus“, erzählt er. Während seines Studiums erfolgte dann ein verstärkter Fokus auf den Bereich Möbeldesign.
Wir sitzen während des Gesprächs im Besprechungsraum seines Büros in der Mariahilfer Straße auf Stühlen, die er für die Berg- und Talstation der Patscherkofelbahn in Innsbruck entworfen hat – minimalistisch, aus massiver Esche und extrem bequem. Der Kern von Rüfs Designs liegt in einem Streben nach Einfachheit, sowohl bei der Erschaffung als auch bei der Nutzung und Wahrnehmung im Alltag. Sich selbst bezeichnet er als Generalisten. „Ich glaube nicht, dass ich etwas vollkommen Neues schaffe, es ist vielmehr ein Aufbauen und ein Weiterentwickeln. Mein Designprozess hat nichts Geniehaftes, eher etwas Analytisches“, meint er. Während seines Studiums experimentierte Rüf in unterschiedlichen Bereichen und versuchte, seine kreative Bandbreite zu erweitern und neue Denkansätze zu erforschen. Er begann, sich in verschiedenen Projekten zu engagieren, vom Ausstellungsdesign bis hin zur Entwicklung eigener Möbelserien. Seine Arbeit brachte ihn im Laufe der Zeit mit namhaften Institutionen wie der Vienna Design Week und dem Wien Museum sowie mit bekannten Unternehmen wie Trewit zusammen.
„Es reicht nicht mehr zu sagen, dass man vielleicht nachhaltig sein könnte. Man muss.“
Ein gewisses Gespür für Nachhaltigkeit hatte Rüf laut eigener Aussage schon immer. Er arbeitet seit Beginn seiner Karriere – wenn auch teils unbewusst – mit nachhaltigen Gestaltungstechniken. Die Beweggründe waren in den 2000er Jahren jedoch noch andere als heute: „Mir war es immer schon ein Anliegen, mit so wenig Material wie möglich zu arbeiten. Dem zugrunde lagen in erster Linie ein Spargedanke und ein Streben nach Effizienz.“ Mittlerweile ist der Fokus auf nachhaltige Praktiken viel vordergründiger. „Man ist heutzutage auf das Thema Nachhaltigkeit sensibilisiert. Es reicht nicht mehr zu sagen, dass man vielleicht nachhaltig sein könnte. Man muss“, sagt er.
Dass eine ökologische Verantwortung oft Kompromisse zwischen ästhetischen, funktionalen und ökonomischen Zielen erfordert, sieht Rüf nicht als Manko. Er erkennt diese Herausforderung viel eher als Teil des kreativen Prozesses an und strebt danach, das Beste aus den gegebenen Umständen herauszuholen, ohne dabei seine Designintegrität zu vernachlässigen. „Ich finde es gut, wenn es viele Anforderungen gibt. Sie motivieren mich. Ich sehe das als Challenge, als etwas, worauf ich aufbauen kann. Das gehört schließlich zu meinem Berufsbild dazu.“ Leicht ist es deshalb aber trotzdem nicht immer. „Vor allem bei Ausstellungsarchitekturen ist es trotz aller Bemühungen ein schwieriges Thema. Oft geht es sich nicht aus, ausschließlich mit Standardkomponenten zu arbeiten, und es fällt beim Ausstellungsabbau Müll an. Es wird aber stetig besser und die Anstrengungen sind gerade jetzt von allen Seiten groß“, weiß Rüf aus Erfahrung. Die Herangehensweisen an dieses Thema sind dabei ganz unterschiedlich, wie seine bisherigen Projekte beweisen: Die Ausstellung „Archiv der Formen“, die der Vorarlberger Designer 2017 im „Werkraum Bregenzerwald“ umgesetzt hat, arbeitete beispielsweise mit Gerüsten eines regionalen Unternehmens, die nicht gekauft, sondern lediglich ausgeliehen und als Displayelemente verwendet wurden. Für eine andere Ausstellung, „Karl Sillaber und C4 Architekten“ im „vorarlberg museum“, entwickelte Rüf 2022 die dafür verwendeten Tischvitrinen für zukünftige Anwendungen weiter und gab ihnen somit ein zweites Leben. „Museen bemühen sich zudem verstärkt darum, einen Lagerbestand aufzubauen, auf den die Designerinnen und Designer zurückgreifen können, und achten bei neuen Einkäufen darauf, woher die Materialien stammen“, ergänzt Rüf.
Wenn nicht gerade recycelt wird, arbeitet der Vorarlberger gerne mit Holz. Aufgrund der ästhetischen Qualität, der vielfältigen Einsatzmöglichkeiten und nicht zuletzt der ökologischen Bilanz kommt der Rohstoff in vielen seiner Stücke zum Einsatz. „Holz ist zweifellos ein Paradematerial, wenn es um Nachhaltigkeit geht.“ Doch Holz ist nicht gleich Holz. „Meine Partnerinnen und Partner im Handwerk achten darauf, dass das Holz aus nachhaltig bewirtschafteten Quellen stammt und nicht durch fragwürdige Importpraktiken erworben wird“, so der Designer. „Denn nur weil etwas vom Tischlereibetrieb kommt, heißt das nicht automatisch, dass es nachhaltig ist.“ Abgesehen von langlebigen Materialien schätzt Rüf vor allem Möbel mit zeitlosem Charakter. „Seit Beginn meiner Karriere strebe ich danach, Objekte zu entwerfen, die nicht nur leistbar sind, sondern auch eine lange Lebensdauer versprechen.“ Heißt: reduziertes Design, hochwertige Materialien und im Idealfall eine persönliche Verbindung. Denn hat man einen Bezug zu den Stücken, gelingt es viel eher, sie lange zu erhalten. Und am Ende gibt ihnen auch genau das die Wertigkeit, die es braucht, um als wirklich nachhaltig zu gelten.
Robert Rüf studierte „Industrial Design“ an der Universität für angewandte Kunst Wien. Seit 2007 hat der gebürtige Vorarlberger sein eigenes Designstudio in Wien.