WO HABIBIS FÜR HAWARA KOCHEN

Ein Social Business auf Erfolgskurs: Das Habibi & Hawara verbindet österreichische Gemütlichkeit mit orientalischem Flair. Und gibt Flüchtlingen eine zweite Chance.
Von Susanne Wolf
Martin Rohla im Habibi & Hawara in der Wipplingerstraße, Foto Christopher Glanzl

Flüchtlinge als Unternehmer

Nach der Ankunft tausender Flüchtlinge im Jahr 2015 kam Rohla die Idee, Asylwerber als Unternehmer auszubilden. „Wir gründeten damals gemeinsam mit Caritas und Diakonie die Initiative ,Hosten statt Posten‘ und ermöglichten neu angekommenen Flüchtlingen einen schönen Tag mit gutem Essen und Trinken“, erzählt Rohla. „Schon bald wurde mir klar, welch Potential in diesen Menschen steckte und ich wollte sie dabei unterstützen, sich auf eigene Beine zu stellen.“ Mit Habibi & Hawara war bald ein Social Business-Konzept gefunden, das Asylwerber zu Unternehmern ausbildet und mit einer Mischung aus heimischer und orientalischer Küche einen Nerv der Zeit trifft.

„Bei der Namensfindung stellten wir fest, dass das arabische Habibi und das wienerisch-jüdische Hawara dieselbe Wortwurzel haben, nämlich das hebräische Wort ,haber‘- und das bedeutet Freund.“ Dass Wien eine Schwäche für den Orient hat, wird an Orten wie dem Naschmarkt oder angesichts des wachsenden Angebotes an Produkten wie Hummus in den Supermärkten klar. „Wir Österreicher waren immer schon Multikulti, eine Mischung aus verschiedenen Kulturen“, meint Rohla, in dessen Stammbaum sich Wurzeln aus Russland, Böhmen und Italien finden. 2015 nahm er eine syrische Familie auf und brachte die Kinder in einem Wiener Gymnasium unter, „ohne Deutschkenntnisse“, wie Rohla betont. Heute ist die Familie bestens integriert. Rohla ist überzeugt: „Viele Österreicher haben ein großes Herz.“

Der Mensch im Mittelpunkt

Bei Habibi & Hawara steht soziale Nachhaltigkeit im Mittelpunkt. „Das Wichtigste ist, den Mitarbeitern eine gute Ausbildung zukommen zu lassen.“ Erst danach folgt die ökologische Nachhaltigkeit. „Wir verwenden beim Kochen so viele Bio-Produkte wie möglich, können aber aus Kostengründen nicht zu hundert Prozent auf Bio umsteigen.“

Hinter allem steht ein Gedanke: Menschen ihre Würde wiederzugeben, die Möglichkeit, sich eine Zukunft zu erarbeiten.

In allen Lokalen sind Geflüchtete Mitgesellschafter, seit kurzem auch eine Frau: Majd Bashour musste 2015 mit ihrer Familie aus Syrien flüchten.  Bei „Habibi & Hawara“ ist die 46-jährige im Controlling und als Human Resources-Managerin aktiv, und nun auch Mitgesellschafterin des „Habibi & Hawara“- Lokals in der Wipplingerstraße.

„Mir war wichtig, eine muslimische Frau zu fördern, um Vorurteilen, die es hierzulande noch gibt, entgegenzuwirken zu wirken.“ Für die Syrerin ist es nicht die erste Leitungsfunktion: Mehr als 15 Jahre lang hatte sie in Damaskus für eines der größten Telekommunikationsunternehmen im Management gearbeitet. In Österreich musste die Mutter dreier Kinder ganz von vorne beginnen.

Auch Mohammad Aljassem, kurz „Hamoudi“, kehrte seiner syrischen Heimat den Rücken und ist heute Küchenchef und Teilhaber der neu eröffneten Filiale im Nordbahnviertel.

Nachhaltigkeit ist die Zukunft

Martin Rohla ist überzeugt, dass Nachhaltigkeit nicht mehr nur ein schönes Wort ist, sondern die Zukunft. „Menschen wie Greta Thunberg auf der einen und Donald Trump auf der anderen Seite treiben eine Revolution voran: Auf einmal bewegt sich extrem viel.“ Politiker wie der US-Präsident seien ein gemeinsames Feindbild für all jene, die guten Willens sind. „Auch wenn es noch viel Greenwashing gibt, erkennen auch die Unternehmen zusehends, dass ohne einen nachhaltigen Zugang nichts mehr zu holen ist“, so Rohla, der als Investor einen guten Einblick in die Branche hat. Rohla ist überzeugt davon, dass der Konsument große Verantwortung trägt: „Der Druck der Konsumenten ist am effizientesten, um Veränderungen herbeizuführen.“ Bei 25 Projekten ist der Business Angel bereits beteiligt, und es werden ständig mehr; Nachhaltigkeit und Menschen stehen für ihn im Vordergrund.

Die Erfolgsgeschichte von Habibi & Hawara geht jedenfalls weiter: Im April 2020 eröffnet die dritte Filiale in der Siebensterngasse und auch in der Seestadt Aspern ist ein Lokal geplant. „Außerdem werden wir im neu errichteten Cape Ten, einem Projekt für soziale Gerechtigkeit, vertreten sein.“ Und im April 2020 erscheint das erste Habibi & Hawara-Kochbuch.        

„Menschen nicht nur einen Job anbieten, sondern Unternehmerpersönlichkeiten finden, deren Potential aktuell noch brachliegt. Diesen über die ersten Hürden helfen und ihnen unternehmerisches Handwerkszeug mitgeben.“


Filialen in Wien:
Wipplingerstraße 29, 1010
Siebensterngasse 46, 1070
Bruno Marek Allee 23, 1020
Ein Ziel von Habibi & Hawara ist auch die Etablierung eines Social Franchise-Systems für Food Take-aways. Seit einiger Zeit gibt es eigene Köstlichkeiten wie Hummus und Salate bei Billa und Merkur. Auch ein Catering wird angeboten, im Online-Shop gibt es kultige T-Shirts mit Aufschriften wie „Make Menschlichkeit Great Again“ oder „Yalla, Oida!“ Tatkräftige Unterstützung sowie Kooperationspartner sind immer willkommen.
habibi.at

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